
MovieScore Media / MMS-06009
(49:31; 29 Tracks)
Diese mittlerweile neunte Veröffentlichung aus Mikael Carlsons produzierten Online Katalog Movie Score Media ist eine weitere interessante Neuentdeckung.
Der australische Komponist Brett Rosenberg, der Bruder des Regisseurs für den er auch sein Debüt als Filmkomponist mit Hotel de Love im Jahr 1996 gegeben hat, ist eigentlich ein eher unbeschriebenes und unbekanntes Blatt. Er wurde in eine musikalische Familie hineingeboren. Sein Vater Ron war ein legendärer lokaler Arrangeur und Klavierspieler, der in früheren Zeiten Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und Nat King Cole begleitet hat. Das Filmkompositorische Handwerk hat Brett Rosenberg vom legendären australischen Komponisten Brian May (Mad Max) gelernt und später an der UCLA perfektioniert. Im deutschsprachigen Raum dürfte am ehesten noch sein Score zu Liquid Bridge (Gefährliche Brandung 2) halbwegs bekannt sein, was sich aber jetzt nach dieser Arbeit sicherlich schnell ändern wird, denn vielen ist an dem eher mittelmäßigen Thriller mit Demi Moore vor allem die Filmmusik in Erinnerung geblieben.
Bei dem etwas kruden Mix aus Drama, Thriller, Mystery, etwas Grusel und Liebesgeschichte geht es darum, dass das Leben der erfolgreichen Schriftstellerin Rachel Carlson (Demi Moore) nach dem Ertrinken ihres Sohnes völlig aus den Fugen gerät. Nach zerbrochener Ehe plagen sie Schuldgefühle und sie versucht auf Anraten ihrer besten Freundin einen Neuanfang in einem kleinen abgelegenen Fischerdorf an der schottischen Küste. Dort will sie zur Ruhe kommen und endlich ihre Schreibblockade überwinden, doch sie sieht immer wieder Bilder ihres toten Kindes vor sich. Weitere Visionen, wie die eines bereits toten Leuchtturmwärters mit dem sie eine Liebesbeziehung beginnt, kommen dazu und es wird für sie immer schwerer zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Der Zuschauer wird bis zum Schluss an der Nase herumgeführt und die Spannung bleibt dadurch auch erhalten. Selbst die Auflösung erscheint dann doch noch durchaus stimmig. Am besten kommen die schönen englischen/schottischen Landschaften (tolle Kamera) und die, wenn auch nicht schottischen/keltischen Klischees entsprechende, aber trotzdem sehr atmosphärische Musik zur Geltung!
Trotz mehrmaliger Klavier- und Violin-Soli ist der Score für volles Orchester geschrieben und wurde auch von fantastischen London Session Musikern, darunter den bekannten Solisten John Bradbury (Violine), George Fentons regulärem Klavierspieler Simon Chamberlain und den durch Lord of the Rings bekannt gewordenen Flötisten Dermot Crehan in den Air Lyndhurst Studios in London aufgenommen. Orchestriert und dirigiert wurde die sehr beeindruckende Musik von Nicholas Dodd.
Das Hauptthema erklingt gleich zu Beginn als lyrische Rhapsodie im Main Title als Kombination von sympathischen Pianoklängen und an und abschwellenden Streicherpassagen. Dieses Konzept findet im ganzen Score immer wieder Anwendung. Während das Duett zwischen Klavier und Oboe am Beginn von The Drwoning noch sehr schön die Familienidylle beschreibt, werden die nachfolgenden kakaphonischen Klänge sehr bald deutlich machen, dass für Rachel nach dem Ertrinken ihres Sohnes nichts mehr so sein wird wie früher.
Bretts Vater hat einen Kurzauftritt am Klavier im Track 4: The Cottage. Das zweite und später immer wiederkehrende Thema für Rachel (Rachel’s Theme) erklingt dann sehr schön in Track 5 und man ist ein wenig enttäuscht, dass die traurige Violine in Verbindung mit der fröhlich klingen Klavierbegleitung nur eine knappe Minute dauert.
Andere Komponisten, wie James Horner, hätten wohl für die schottischen Landschaften irische Blasinstrumente oder gar schottische Dudelsäcke verwendet, aber Brett Rosenberg hat hingegen eine quasi-keltische Stimmung erzeugt, die nur durch genaues Hinhören manchmal in Form der irischen Flöte (Track 19: Haunted) zu erkennen ist.
Natürlich gibt es gemäß der gruseligen, mystischen Storyline auch etwas harschere, kantigere Horrorklänge, wie am Beginn von Track 7: Dreams and Drownings, als auch leitmotivisch für den Geist des Sohnes in den Tracks: He’s Dead, Now You See Him und in dem eher acftionlastigen längeren Track The Houdini. Die meisten sind aber ebenso kurz gehalten wie die darauffolgenden schönen, lyrischen Momente. Eine der schönsten, aber leider auch kürzesten Themen kann man im Track 8: Lighthouse Vista und dem anschließenden LoveTheme bzw. Boat Journey hören.
Die Liebesszene zwischen Angus und Rachel betitelt sich im Booklet als Get it on und Got it on, wobei mich die beiden Stücke ein wenig an Kilars Portrait of a Lady bzw. Wisemans Wilde erinnern. An einigen Stellen des Scores schimmert auch ein wenig Bernard Herrmann (die Hörner-Passagen in The Houdini zum Beispiel) als auch Christopher Young (vor allem in den Streicherpassagen) hervor, aber dies sind nur Anhaltspunkte, um die Musik etwas besser zu beschreiben, denn sie ist eigenständig genug, dass sie sich keine Plagiatsvorwürfe gefallen lassen muss!
Ich kann diesen Score wirklich sehr empfehlen! Zum einen funktioniert die Musik im Film optimal und ist auch alleine auf CD (oder den urpsrünglichen MP3-Files) gut hörbar. Manchmal wünscht man sich zwar etwas längere Cuts, um weiter in den lyrischen und melodischen Themen zu schwelgen, aber dafür sind auch die nicht weniger ansprechenden Action-/Suspense-Momente in der richtigen Länge.
Der Komponist zeigt mit diesem ausgesprochen hörenswerten Score, dass es immer noch möglich ist orchestrale Filmmusik für so ziemlich alle Stilrichtungen des Films zu komponieren, die nicht nur eine Aneinanderreihung von Noten sind um Bilder musikalisch zu illustrieren, sondern diese auch mit Leben und einer Stimmung auszustatten und dabei auch noch den (reinen) Zuhörer zu erfreuen!
Bewertung: ★ ★ ★ ★
Erwin Maidl
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