
EMI Spain (56:40 min / 25 Tracks)
Neuer Almodóvar = neuer Iglesias. Dieser einfachen Rechnung wird dieses Jahr ein neues Kapitel hinzugefügt. Los Abrazos Rotos heißt der neue Film des kreativen Zweiergespanns aus Spanien, das bedeutet auf deutsch so viel wie “Zerrissene Umarmungen”. Der Thriller handelt – so viel ist bereits bekannt – von einem Mann, der bei einem Autounfall das Augenlicht und die Liebe seines Lebens verliert. Neben melodramatischen Zutaten gibt Almodóvar seinem Drehbuch wohl bekannte Zutaten hinzu: skurrile Figuren, Humor, Leidenschaft, Gier und Tod. So wird Los Abrazos Rotos sicher ein typischer Almodóvar-Film: komplex, trotz einer einfachen Geschichte, erheiternd, trotz einer tragischen Handlung, und vor allem Kunst, trotz Versatzstücken aus Kitsch und Schund.
Zuletzt ließ Iglesias mit The Kite Runner und dem fulminanten Ché auch abseits seiner gewohnten Vertonungsschemata aufhorchen, damit kann Los Abrazos Rotos aber nicht dienen. In der dargebotenen Qualität enttäuschend, komponiert der Spanier eine Melange aus bekannten kammerorchestralen Dramenklischees und mysteriösen Suspense-Teppichen. Die Musik beginnt dabei konventionell mit vollmundig-flächigen Streicherklängen, die von Klavier und einzelnen Violinen- und Celli-Soli umrahmt werden. Die dunkel-getragene Stimmung ist man von Iglesias gewohnt, die etwas lieblose und wenig feinsinnige Ausformung der Melodiestimmen in Streichersolis und Klavier wiederum nicht. Ebenfalls ungewohnt ist der gesichtslose Suspense-Mix, der mit synthetischen Klangflächen, Saxophon und Trompete sowie minimalistischen Streichern aufwartet. Klanglich und qualitativ gleitet Iglesias dabei teilweise auf das Niveau durchschnittlicher Thriller aus den 80er Jahren ab, da kaum prägnante Akzente oder Motive die Musik strukturieren. Gelegentlich, wie beispielsweise in Caida, Recogida Y Rayos X, betont Iglesias die Streicher mehr, wodurch das Arrangement etwas energischer wird, freilich ohne dadurch bedeutend interessanter zu sein.
Auflockerungen bietet der Score zu Los Abrazos Rotos nur wenige, nennenswert ist lediglich der Songtitel Final y a Ciegas von Miguel Poveda, an dem Iglesias mitgearbeitet hat. Hier erklingt spanisches Kolorit in klassischer Umgebung gemeinsam mit hingebungsvollem Gesang, eine Domäne die Iglesias virtuos beherrscht. Die gesamte Musik kann aber auch dieser eine gelungene Titel nicht retten, zumal man diese Masche vom Spanier bereits gut kennt. So bleibt echte Enttäuschung zurück – und die beruhigende Gewissheit, dass Iglesias für andere Filmemacher als Almodóvar zum Teil hervorragende Musiken schreibt.
Bewertung: ★★
Jan Titel
Autor Jan Titel betreibt die Seite www.original-score.de .