
Varèse Sarabande VSD 6721
[64:50; 27 Tracks]
Lost ist eine der aufwendigsten Fernsehserien aller Zeiten. Allein der Pilotfilm hat Rekorde gesprengt und Summen verschlungen, die einer normalen Hollywood-Produktion alle Ehre machen. Die Musik für eine Fernsehserie dieser Ausmaße sollte dementsprechend ebenfalls Spielfilmqualität besitzen, damit auch musikalisch die Ansprüche gewahrt bleiben. Mit dieser Aufgabe wurde Michael Giacchino betraut, der für Produzent und Autor J.J. Abrams schon die Musik für die Serie Alias komponiert hat.
Giacchino war zunächst durch Musik für Computerspiele aufgefallen und hat mit The Incredibles, seiner ersten Spielfilmmusik, eine achtbare Arbeit abgelegt. Was den Komponisten Giacchino auszeichnet, ist weniger ein ausgeprägter Personalstil, sondern vielmehr seine Fähigkeit, den Stil anderer Komponisten teilweise hervorragend zu imitieren. In seinen Musiken zu den Computerspielen Medal Of Honor und Call Of Duty, beide spielen im Zweiten Weltkrieg, klingt seine Musik nach John Williams Saving Private Ryan. Seine Musik zur Superheldenparodie The Incredibles ist eine sehr gute John-Barry-Hommage. Den Meistern kann er in ihrer Kunstfertigkeit zwar nicht folgen, was er aber durch sein Gespür für Effektivität und gutes Handwerk ausgleicht.
Die Musik zu Lost bewegt sich dementsprechend zwischen diesen zwei Polen, wobei der Schwerpunkt auf der Arbeitsmusik liegt.
In der Dramaturgie der Serie ist der Musik wenig Platz eingeräumt worden. Selbst das „Titelthema“, bei dem ein Serienkomponist sich sonst ausleben darf, ist nur eine 17-sekündige Ton-Verzerrung, die sogar J.J. Abrams selbst komponiert hat. Dass die Musik trotzdem gut hörbar ist, liegt an den anderen bereits erwähnten Punkten. Zum einem hat Michael Giacchino ein volles symphonisches Orchester zur Verfügung, um den hohen Ansprüchen der Produktion gerecht zu werden. Zum anderen gelingt es Giacchino durchaus, mit seiner Musik aufzufallen. Vor allem auf dem Feld der Orchestrierung kann der Komponist musikalische Zeichen setzen, und in diesem Feld orientiert er sich, meiner Meinung nach, an Jerry Goldsmith. Dadurch kann er der Stimmung der gesamten Serie entscheidende Nuancen geben.
So ist eine Musik entstanden, die zwar der Dramaturgie unterworfen ist und nicht im dem Maße glänzen kann, wie man es sich wünschen würde, aber insgesamt eine grundsolide und thematisch konstante Arbeit ist. Und einmal darf Giacchino dann doch noch glänzen und aus der Rolle fallen: Track 24 I’ve Got A Plane To Catch ist eine temporeiche und humorvolle Nummer, die man immer wieder gerne hört.
Bewertung:
★ ★ ★
David Serong