
Colosseum VSD (CVS) 6890.2 [54:04 min/ 18 Tracks]
Ein verwitweter Collegeprofessor (Richard Jenkins) stößt in seiner selten besuchten New Yorker Zweitwohnung auf illegale Immigranten, einen Syrer und einen Senegalesen. Die ungleichen Männer freunden sich – auch über den Umweg der Musik – miteinander an, doch am Ende ist der Amerikaner wieder allein. Darum geht es in dem meines Wissens im deutschen Sprachraum trotz mehrerer Auszeichnungen nie ins Kino gelangten Drama The Visitor von Tom McCarthy. Und wenn der Film so sehenswert ist wie die Musik hörenswert, dann haben Cineasten hier etwas versäumt. Dabei setzt der Komponist, der in Los Angeles lebende Pole Jan A. P. Kaczmarek (Finding Neverland), deutlich andere Akzente als die Geschichte. In der wird viel getrommelt und fröhlich auf der Straße musiziert, Kaczmareks Score hingegen ist eine elegische Abfolge aus kammermusikalisch kargen Stücken, deren Schönheit mitunter fast hypnotische Wirkung entfaltet. Die Bauart der einzelnen Tracks ist im wesentlichen immer die gleiche: ein Streichtrio sorgt für eine ruhig dahinströmende Basis, auf der ein Piano (die verstorbene Frau des Helden war Pianistin!) klassisch anmutende, einfache Themen darbietet. Streicher und Klavier umspielen einander, manchmal agiert das Klavier auch solo, dann wiederum mischen sich leichte Schlaginstrumente ins musikalische Geschehen und hüllen es gleichsam in den Duft exotischer Räucherstäbchen. Einmal (Track 7) hallt ein ferner Synthesizer sphärengleich herüber, und erst der allerletzte Track holt all jene, denen das Ganze denn doch zu elegisch gewesen sein sollte, mit einer fröhlichen Afro-Rock-Nummer ins Leben zurück. Man kann das durchaus etwas zu einförmig-gefällig finden, doch Liebhaber ruhigerer, klassizistischer Filmmusik haben hier einen wahren Ohrenschmaus vor sich.
Bewertung: ★★★★
Hans Langsteiner