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Hollywood à la russe

Das russische Blockbusterkino ist im Entstehungsland eine feste Größe. Die im westlichen Ausland bekannt gewordenen Großproduktionen wie Wächter der Nacht und Wächter des Tages sind dabei nur die Speerspitze der aktuell kommerziell erfolgreichen Unterhaltungsfilme. Während viele der Filme in Russland für volle Kinosaale sorgen, werden hierzulande nur vereinzelte Titel auf DVD veröffentlicht. Da gerade in den letzten Monaten viele davon ihren Weg ins heimische Pantoffelkino gefunden haben, ist es an der Zeit, eine kleine Rückschau zu halten.

Mit Oleg Pogodins Russian Transporter erschien eine Produktion, deren deutscher Titel eine inhaltliche Nähe zum Jason-Statham-Actionvehikel Transporter nahe legt. Die Handlung ist hier aber eher eine Mischung aus Verschwörungsthriller und Buddy-Movie, die mit einem Hauch Bond-Flair angereichert wird. Das ist durchgängig unterhaltsam, da die Leistungen sowohl vor als auch hinter der Kamera sehr ansprechend sind. Da macht es nicht viel aus, dass der Plot nicht durchweg logisch ist. Der Agent Yegor Kremnyov, gespielt von Vladimir Yepifantsev, soll mit einem Spezialkommando einen wichtigen Zeugen sicher von Malta nach Russland zurückbegleiten. Dabei gerät er zwischen die Fronten mehrerer Interessenten, die den Bewachten mal lebend, mal lieber tot sehen wollen. Die zahlreichen Actionsequenzen sind wohltuend „old school“, so dass es für Fans ordentlich Futter gibt. Musikalisch wird sich hier am Vorbild Hollywoods orientiert, der Soundtrack betritt dabei aber moderne elektronische Pfade. Gelegentlich werden auch folkloristische Akzente gesetzt, vor allem bei den Szenen, die auf Malta gedreht wurden. Die DVD bietet den Film im Originalformat mit guter Bild- und Tonqualität. Schön ist, dass die deutsche Synchronisation als gelungen bezeichnet werden kann, was dem Film zugute kommt. Die Synchronisation gibt es in Dolby Digital 5.1 und 2.0, das russische Original in DD 5.1 mit ausblendbaren deutschen Untertiteln. Als Bonus gibt es verschiedene Trailer und Bildergalerien sowie eine Trailershow mit anderen Titeln des Labels.

Der Titel Pakt der Bestien von Oleg Ryaskov verweist auf den französischen Film Pakt der Wölfe, ist aber ein Historien- beziehungsweise Kriegsfilm mit obligatorischem Liebesdrama in der Nebenhandlung. Der in der ersten Filmstunde auftauchende schwarze Reiter sorgt zudem für eine Prise Mystik. Die Geschichte ist schnell erzählt. Zwei französische Edelmänner werden vom französischen König wegen eines Privatduells zum König von Schweden und zum russischen Zaren geschickt. Ihre Aufgabe ist es, eine Botschaft zu überbringen. Beide geraten zwischen die Fronten des schwedisch-russischen Krieges, der im Jahr 1709 tobt. Der Film hat dabei ein dramaturgisches Grundproblem. Er kann nicht wirklich nachvollziehbar machen, wieso die beiden Franzosen sich den jeweiligen Kriegsparteien anschließen und an den Kämpfen teilnehmen. Abgesehen davon ist Pakt der Bestien durchaus gelungen, hat gute Darsteller und einen annehmbaren, klassischen Soundtrack nach gängiger Hollywoodmanier. (Ganz im Gegensatz zu Joseph Lo Ducas inspiriertem Score zum französischen Pakt der Wölfe.) Die Regieleistung geht ebenfalls in Ordnung, die Actionsequenzen sind solide umgesetzt. Vor allem die Schlachten sind mit großem Aufwand an Geräten und Komparsen gedreht. Lediglich das stilistische Mittel der Zeitlupe wirkt ästhetisch eher unbefriedigend. Gleichwohl der Film das Leiden der einfachen Soldaten zeigt, geht es hier doch eher um Heroismus als um eine Anti-Kriegsmetaphorik. Bild und Ton der DVD sind auf einem guten Niveau. Die Synchronfassung gibt es in 5.1 und 2.0, das russisch-französische Original in 2.0 mit ausblendbaren deutschen Untertiteln. An Extras gibt es das komplette Programm, darunter geschnittene Szenen, Promo Reel, Musikvideo, Material zur Entstehung einer CGI-Szene sowie Teaser, Trailer und eine Postergalerie.

Igor Kalenovs Film Alexander – Der Kreuzritter hätten die Titelgeber in Deutschland passender „Alexander gegen die Kreuzritter“ nennen sollen. Es geht um den jungen Prinzen Alexander Newski, der sein Land gegen den deutschen Orden der Kreuzritter und die schwedischen Invasoren verteidigen muss. Religiöse Selbstbestimmung ist der Motor der Handlung. Auch dieser Film wurde mit einigem Aufwand in Szene gesetzt, gerät jedoch streckenweise zu einem etwas steifen, theatralischen Geschichtsunterricht. Die Schauspieler machen ihre Sache dennoch gut. Auch hier sind die wenigen Zeitlupenaufnahmen ästhetisch nicht besonders gut gelungen. Trotz einiger Längen besitzt der Film aber durchaus Unterhaltungswert, da die Geschichte insgesamt spannend erzählt wird und die Actionsequenzen zu gefallen wissen. Dem historischen Thema hat sich 1938 bereits Sergej M. Eisenstein angenommen. Für seinen „Alexander Newski“ komponierte einst der große Sergej Prokofjew eine emotionale Partitur, deren Vielschichtigkeit der Musik der Neuverfilmung abgeht. Viel zu sehr wird hier auf bombastisches Orchesterwerk gesetzt, das zudem auch noch wichtige Dialogszenen zukleistert. Damit liegen die Filmemacher aber leider im Trend der Zeit… Die Bildqualität der DVD ist gelungen, der Ton liegt wahlweise in 5.1 und 2.0 vor. Als Auswahloption zum russischen Originalton stehen auch deutsche Untertitel zur Verfügung. Als Bonusausstattung gibt es verschiedene Trailer und eine Bildergalerie.

Als kurioser Klassiker des Actionfilms kann Im Alleingang bezeichnet werden, der 1986 auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs entstand. Zu einiger Bekanntheit brachte es der Film in Deutschland, als Redakteure des Spiegel ihn zum damaligen Kinostart als „Moskaus Rache für Rambo“ bezeichneten. Die Handlung ist ebenso abstrus wie propagandistisch. Es geht um bösartige amerikanische Geheimdienst- und Wirtschaftsbosse, die mit Abrüstung so gar nichts am Hut haben. Deshalb beschließen sie kurzerhand, aus wirtschaftlichen Gründen den Dritten Weltkrieg anzuheizen. Das zu verhindern ist die Aufgabe einer russischen Spezialeinheit, die unter dem Kommando von Major Schatochin steht. Das militärische Scharmützel endet in einem finalen Showdown auf einer abgelegenen Insel, was sich auch positiv auf die Herstellungskosten des Films ausgewirkt haben dürfte. Welche Motivation hinter dem Film steckt, ist eher schleierhaft. So wirkt die Regieleistung von Michail Tumanischwili etwas müde und uninspiriert. Im Alleingang ist alles andere als ein spannender Actionfilm, bietet Trashfilm-Fans und cineastisch aufgeschlossenen Filmliebhabern aber ein Feuerwerk absurder Szenen. Kopfschütteln verursacht auch die patriotische Filmmusik, die unter anderem mit großem Militärchor aufwartet. Für den damaligen deutschen Kinostart wurde der Streifen um fast fünfzehn Minuten gekürzt, was ihn damals zu einer fünfundsiebzigminütigen „Tour-de-gaga“ machte. Sowohl diese Fassung als auch die ungeschnittene Originalfassung bietet die vor kurzem erschienene DVD.

Russische Action- und Historienfilme der neuen Generation verdienen größere Aufmerksamkeit, da sie dem Zuschauer in der Regel ansprechende und aufwendig produzierte Unterhaltung bieten. Die Produktionen sind sowohl technisch als auch von der Ausstattung her auf hohem Niveau. Optik, Dramaturgie und der Soundtrack müssen den Vergleich mit Hollywood nicht scheuen. Doch nicht nur in diesen Feldern sind die Filme ihren amerikanischen Pendants ähnlich, auch im Bereich Patriotismus stehen sie in nichts zurück. Das mag der eine oder andere vielleicht als störend empfinden, doch sind auch die Produktionen aus der amerikanischen Traumfabrik nicht frei von Pathos und, für westliche Zuschauer, erheiternden Patriotismusschüben.