
Image Music 0201482 [54:06 min / 19 Tracks]
80 Jahre und kein bisschen leise. Bevor dieses Urteil hoffentlich in wenigen Jahren auf John Williams zutrifft, darf sich der Römer Ennio Morricone als Alterspräsident der Filmmusikgemeinde fühlen. Ohne öffentlich sichtbare Anzeichen von Altersschwäche absolviert er ein beachtliches Pensum mit vier bis fünf Filmmusiken pro Jahr.
Sein jüngstes Werk Baarìa, die Musik zu einer sizilianischen Familiensaga, entstand für den epischen Film seines Freundes Guiseppe Tornatore. Dafür offeriert Morricone das, was er am Besten kann: einfache sowie eingängige Melodien in kontrastreicher Orchestration, die von geradlinig und emotional bis hin zu verschachtelt und komplex reichen. Morricone war immer ein begnadeter musikalischer Lyriker, der seine oft süßlichen Themen ohne Berührungsängste mit dem Kitsch zu verarbeiten wusste – genau dies zeigt er mit Baarìa ein weiteres Mal. Das einprägsame Hauptthema ist mit vollen Streichern, eleganten Soli von Cello und Violine sowie teilweise opulenter Begleitung des restlichen Orchesters instrumentiert und zieht sich wie ein roter Faden durch die Komposition. Daneben bietet Morricone eine Reihe ethnischer Instrumente sowie Vokalsoli auf, die vor allem den lokalen Bezug und die raue Heimatverbundenheit der Bilder unterstützen. Dies geschieht mal auf spröde, heitere Art, mal kraftvoll und wuchtig und nicht zuletzt mit unverblümter Nostalgie – die Paradedisziplin des Gespanns Tornatore/Morricone.
Baarìa mag in der Filmographie Ennio Morricones viele Vorbilder haben, dennoch wirkt dieses teilweise wahrhaft epische Werk für die Feder eines 80-Jährigen erstaunlich frisch und kreativ. Fans des Komponisten sollten in jedem Falle zugreifen, allen anderen sei Baarìa als Highlight des mittelmäßigen Filmmusikjahres 2009 ebenfalls wärmstens empfohlen. Die CD des Labels Medusa eignet sich als Einstieg in die Filmmusikwelt des Römers ebenso wie als krönender Abschluss eines Konzertabends – nicht zuletzt wegen der Sinfonia per Baarìa, welche die CD eröffnet. Möge Morricone die 100 Jahre erreichen!
Bewertung: ★★★★
Jan Titel (www.orginal-score.de)