
Lakeshore Records LKS 34072 [43:50 / 19 Tracks]
Beide kommen aus Südamerika; beide haben sich in Hollywood etabliert. Der eine – Gustavo Santaolalla, geboren in Argentinien – hat bereits zwei Oscars gewonnen, der andere – Marcelo Zarvos, geboren in Brasilien – ist der bessere (dramaturgische) Filmkomponist.
Zuletzt zeigte Santaolalla wieder einmal offenkundige dramaturgische Schwächen in seiner Komposition zu Nanga Parbat. Zu mehr als den üblichen atmosphärischen Flächen à la Babel und einem bei sich selbst abkupfernden Road Movie-haften Hauptthema à la Motorcycle Diaries hat es scheinbar nicht gereicht; erstaunlich wenig für einen etablierten Komponisten, der nach einem furiosem Start nun offensichtlich beginnt an seine Grenzen zu stoßen. Marcelo Zarvos hingegen bleibt auf konstant gutem Weg. Handwerkliches Geschick paart sich bei Zarvos mit dramaturgischem Gespür. Auch in dem mexikanischen Film Sin Nombre, dem kraftvollen Regiedebüt von Cary Fukunaga, schafft Zarvos mit Gitarre, Akkordeon, Streichern und gezielten Blechbläserakzenten gekonnt den Spagat zwischen südamerikanischer Atmosphäre und innerer Befindlichkeit der zweifellos tragischen Protagonisten. Das treibende, nur scheinbar fröhliche Road Movie-Thema findet sich auf der Soundtrack-Auskopplung unter dem Namen Vera Cruz. Zwischen Gitarren- und Akkordeonrhythmen knüpft Zarvos eine geschickt zwischen Tragik und Schönheit pendelnde Melodieführung, die zwar klar in Moll gehalten ist, aber dennoch bisweilen den Anschein einer fröhlicheren Dur-Tonalität erweckt.
Diese Form der sanften Melancholie, dieser schön-tragische Duktus verweist unaufdringlich nicht nur auf eine feine Tradition der lateinamerikanischen Musik, er unterstreicht zudem die Glaubwürdigkeit und die radikale Substanz dieses sicherlich zu den besten des Jahres gehörenden Films in der Tradition von City of God.
Bewertung: ★★★☆
Mike Beilfuß