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Filmkunstschätze auf DVD

Quentin Tarantinos Inglourious Basterds ist einer der Filme, die auf der Leinwand durchaus gefallen können, die aber im Heimkino nicht so recht funktionieren wollen. Das liegt weniger an der Regie und erst recht nicht an den Darstellern, sondern an der Optik des Films, die eine große Leinwand geradezu verlangt, um wirken zu können. Mannigfaltig sind hier die optischen Bezüge zum Italowestern, gerade die ausladenden Panoramaeinstellungen zu Beginn des Films. Dieser Stilwillen ist nur scheinbar unvereinbar mit Tarantinos im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Plot. Viel ist bereits zu Inglourious Basterds geschrieben worden und nach dem Oscargewinn des Darstellers Christoph Waltz wird wohl noch einiges zu erwarten sein. Interessant ist vor allem aber die Filmmusik, denn fast wäre es der erste Tarantino-Film geworden, für den ein originaler Score geschrieben worden wäre. Nachdem Wunschkandidat Ennio Morricone absagte, blieb es dann doch bei einer Zusammenstellung älterer Aufnahmen. Hier findet sich eine klangvolle Gruppe renommierter Namen, darunter Morricone, Dimitro Tiomkin, Gianni Ferrio, Lalo Schifrin oder Jaques Loussier. Unter dem Strich dominieren diesmal deutlich die italienischen Komponisten mit ihren Western- und Thrillermusiken. Das wirkt im Kontext des Films zunächst befremdlich, doch das Konzept geht in Einklang mit den Breitwandbildern auf. Auf DVD und Blu-Ray, erschienen bei Universal, kann der Film mit einer hervorragenden Bild- und Tonqualität glänzen. Im Bonusmaterial findet sich neben verschiedenen alternativen und verlängerten Szenen und dem Trailer auch die ungekürzte Fassung des „Film-im-Film“-Films „Stolz der Nation“, der von Eli Roth als augenzwinkernder Pseudopropagandastreifen angelegt wurde.

Regisseur Tarantino bezeichnet übrigens den britischen Horrorschriftsteller Clive Barker als den „größten Visionär unserer Zeit“. Dieser legte mit seinen Büchern des Blutes ehedem den Grundstein einer modernen phantastischen Literatur. Barker übernahm Ende der 80er Jahre auch selbst die Regie bei der Verfilmung einer seiner Kurzgeschichten und lieferte mit Hellraiser einen Horrorfilmmeilenstein. Zudem schrieb Christopher Young für Hellraiser eine mittlerweile klassische Horrorpartitur. In unregelmäßigen Abständen entstehen seitdem neue Barker-Adaptionen, die je nach Regisseur unterschiedlich ausfallen können. Der nun bei Sunfilm aufgelegte Book of Blood ist eine Regiearbeit von John Harrison. Im klassischen Sinne ist der Film eine Geisterhausgeschichte, die wert auf einen langsamen Spannungsaufbau und wohldosierte Schockeffekte setzt. Das alles ist sehr spannend in Szene gesetzt und hebt sich wohltuend vom hektischen Genreeinerlei der heutigen Tage ab. Erwähnenswert ist auch die gelungene Musik von Guy Farley, die subtilen Grusel erzeugt ohne dabei allzu sehr in die Klischeekiste zu greifen. Die Bild- und Tonqualität ist gelungen, als Bonus enthalten sind der Trailer sowie ein informatives Making Of.

Der französische Comiczeichner Enki Bilal wiederum betätigt sich gelegentlich auch als Filmregisseur. Neben dem 2004 entstandenen Immortal machte er bereits 1996 mit Tykho Moon auf sich aufmerksam. Seltsam spröde wirkt Bilals Zukunftsvision auf den ersten Blick, entfaltet aber mit der Zeit eine ganz eigene Atmosphäre. Ein todkranker Diktator, gespielt von Michel Piccoli, versucht sich unsterblich zu machen, was auf Kosten der Bevölkerung geschieht. Das alles passiert in den maroden Überresten einer bürgerlichen Gesellschaft, deren Stabilität längst Geschichte ist. Eigenwillig ist auch der Einssatz von Goran Vejvodas Musik, die zwischen Ambient und Minimaljazz wechselt, im Film leider zu selten zum Einsatz kommt. Ein Ohrwurm ist allerdings der schräge Archivtitel Mister Sun, gesungen von Brigitte Bardot. Als DVD-Extras finden sich diverse Trailer und eine Fotogalerie.

Fast vergessen war Axel Cortis 1990 aufgeführter Die Hure des Königs, ein im 17. Jahrhundert angesiedeltes Historiendrama. Der auf einem Buch Jaques Tourniers basierende Film behandelt die obsessive Beziehung des Königs Vittorio zu einer bereits verheirateten Frau, durch die er schließlich untergeht. In den Hauptrollen agieren Timothy Dalton und Valeria Golino, die es schaffen den höfischen Gepflogenheiten und dem Aufbegehren gehen diese Zwänge Leben einzuhauchen. Die Musik von Gabriel Yared ist bestechend und basiert im Kern auf Kompositionen Bachs und Mozarts. Yared gelingt es, den klassischen Themen einen berührenden emotionalen Anstrich zu geben, der ebenso romantisch wie zeittypisch klingt. Für den Österreicher Axel Corti war es eine der letzten Regiearbeiten, denn er verstarb 1993 während der Dreharbeiten zum Mehrteiler Radetzkymarsch. Die Hure des Königs ist eine klare Empfehlung für jeden Freund des Historienfilms und romantisch-dramatischer Filme.

Cynthia Beatts The Invisible Frame ist die Dokumentation einer im Juni 2009 stattgefundenen Fahrradtour durch Berlin. Gemeinsam mit der Schauspielerin Tilda Swinton machte sich die Regisseurin bereits 1988 für den Dokufilm Cycling The Frame auf eine Radtour entlang der Berliner Mauer auf. Nach nunmehr über zwanzig Jahren zeigt sich, dass von der einstigen Grenze nicht mehr viel übrig geblieben ist. Interessant ist Beatts Ansatz, auf Musik nahezu zu verzichten, sich stattdessen auf den O-Ton zu verlassen. Nur gelegentlich verwendet sie musikalische Flächen, die einzelne Reisestationen miteinander verbinden. The Invisible Frame und Cycling The Frame verströmen dadurch eine innere Ruhe, der sich die Zuschauer nur schwer entziehen können. Beide Filme finden sich auf der DVD, ebenso wie ein Mitschnitt einer Studioaufnahme mit Tilda Swinton. Erschienen ist die Dokumentation bei der Filmgalerie 451.

Einen ganz anderen Dokumentaransatz wählte der Filmemacher Dennis Thürer für seinen First Try. Ihm ging es um „eine Geschichte über Skateboarding, Freundschaft und die Tücken des Erwachsenwerdens“. Für seinen Film interviewte er verschiedene jugendliche und jung gebliebene Skateboarder aus seiner Heimatstadt Halle (Saale). Schnell wird klar, dass sich zwar die Lebensläufe der Dokumentierten voneinander sehr unterscheiden, sie aber alle über ihren Sport zusammen kommen, sich solidarisch zeigen. Schön ist, wie Thürer die Anfänge der lokalen Skateboardszene Anfang der neunziger Jahre bis in die heutige Zeit nachzeichnet. Dabei nutzt er intensiv auch die Musik als verbindendes Mittel, dass den Skatern Individualität und „Echtheit“ gibt. First Try ist eine schöne Dokumentation, die auf DVD im Selbstverlag erschienen ist. Als Bonus finden sich Trailer, Teaser und eine Photoslideshow.

Ein gestandener Autorenfilmer ist Werner Schroter, der 2008 mit Diese Nacht die Adaption einer Buchvorlage von Juan Carlos Onett vorlegte. Das im Wettbewerb der Filmfestspiele Venedig gelaufene Werk war nicht unumstritten, dennoch wurde Schroeter mit einem Sonderpreis der Jury bedacht. Eine besondere Note gewinnt der Film durch die Musikauswahl, darunter überwiegend klassische Stücke von Liszt, Beethoven, Schubert, Rossini oder Bach. Die statische, fast theaterhafte Inszenierung der durch Terror und militärische Überwachung gegeißelten Stadt Santa Maria gewinnt durch die beinahe zärtlich einsetzten Musiken an Profil. Der Kontrast zwischen Bild und Ton ist es auch, der Diese Nacht zu einem besonderen Film macht. Während Schroeters Bilder alleine stehend ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit transportieren, deutet die Musik eine etwaige Erlösung an. Der Film erschien als Doppel-DVD und wartet mit interessantem Zusatzmaterial auf. So gibt die Doku Werner Schroeter synchronisiert NUIT DE CHIEN einen Einblick in die Arbeitsweise des Regisseurs. Neben Outtakes, Fotogalerien, einem Mitschnitt der Preisverleihung von Venedig und einem alternativem Ende findet sich ebenso ein umfangreiches Booklet.

Die Vorliebe für klassische Musik hat Schroeter mit dem Italiener Pier Paolo Pasolini gemeinsam. Für Edipo Re, seine 1967 entstandene Adaption des König Ödipus, verwendete er allerdings vorwiegend folkloristische Themen Afrikas. Für den Regisseur hatte Edipo Re einen starken autobiographischen Bezug, vor allem hinsichtlich der Beziehung zu seinem Vater. Gedreht in Marokko verströmt der Film tatsächlich klassisch-antikes Flair, das Pasolini später in Medea noch einmal aufleben ließ. Der Film lief in deutschen Kinos unter dem Titel Bett der Gewalt und war um einige Minuten gekürzt. Die von der Filmgalerie 451 nun veröffentlichte Doppel-DVD enthält sowohl die alte deutsche Kinofassung wie auch die italienische Originalversion, letztere in phantastischer Bild- und Tonqualität.

Abschließend sei noch auf eine kleine, aber feine Überraschung hingewiesen, die das Label MoviePower Filmliebhabern beschert hat. Geliebte Sena ist eine der wenigen Regiearbeiten des italienischen Charakterschauspielers Enrico Maria Salerno. Sein Film behandelt die Beziehung der jungen Studentin Sena zu einem Professor, wobei die Ursache des Bruchs zwischen beiden lange Zeit im Unklaren bleibt. Der ständig zwischen heiterer Lebensart und privater Tragödie pendelnde Film fesselt wegen den Hauptdarstellern Tony Musante und Ornella Muti. Die Musik wurde von Daniele Patucchi geschrieben und schafft ebenso den Spagat zwischen heiter und dramatisch. Warum der Film allerdings in der Reihe Sexy Classic Edition erschienen ist, wissen mal wieder nur die Verleihgötter.