
EMI Classics 0946 3 72002 2 3 (70:03; 18 Tracks)
Neben der Kunst starke Bilder kreieren zu können, beziehen die Filme von Tom Tykwer ihre gewaltige Sogwirkung vor allem auch durch eine stark rhythmisch und über dem Film liegende, immer die Handlung vorantreibende Musik. Das war schon immer so bei Tykwer und das hat sich auch bei Das Parfum nicht geändert.
Dem seit Winterschläfer mit Tom Tykwer (er schreibt auch immer selbst an der Musik mit) an fast allen seinen Filmen zusammenarbeitende, bewährte Komponistenteam Johnny Klimek und Reinhold Heil, stand zum allerersten Mal für einen seiner Filme ein Orchester zur Verfügung – und was für eines: keine geringeren als die Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle höchstselbst, mussten für die teure Prestigeproduktion ihre Instrumente auspacken. Eine interessante Mischung, vor allem weil die Komponisten bisher für ihre mit elektronischen Technomustern arbeitenden Filmmusiken bekannt sind. Zwar haben Klimek und Heil erst letztes Jahr für Sophie Scholl eine Musik mit Orchester eingespielt, aber auch bei guter Funktion dieser Komposition im Film, erschien das Komponistenduo nicht gerade als der große Beherrscher einer breiten orchestralen Klangpalette – und genau die sollte ja nun für Das Parfum in besonderem Maße genutzt werden. Das ist auf ganzer Ebene gelungen. Und noch mehr: Das Komponistentrio hat es tatsächlich geschafft, die verhalten-rhythmische Ebene ihrer vorigen Kompositionen mit einer großen orchestralen Wirkung zu vereinen.
Ein ganz starkes Hauptthema präsentiert sich zum ersten Mal in Track 2. Es besteht aus einer Folge von sieben Tönen, die immer wieder sequenziert werden. Diese Form der wiederholenden Motivmuster, die gemeinsam ein Thema ergeben, ist eines der hauptsächlichen Kompositionsmuster des Minimalismus. Klangfarbenmäßig sind viele Tracks an den Komponisten Arvo Pärt angelehnt, ganz stark z.B. in Track 16, wo das Hauptthema nur vom Chor vorgetragen eine unfassbar schwebende Stille ausstrahlt, die so typisch für den Ausnahmekomponisten aus Estland ist. Überhaupt sind gerade die Chorpassagen dieser Musik sehr eindringlich und erzeugen mit dem oftmals verwendeten Einsatz der Harfe einen Zustand der sphärischen Abgehobenheit, die dem Film in hohem Maße gerecht wird und auch auf CD sehr zu überzeugen vermag.
Das Parfum ist eine faszinierende Mischung aus großorchestralen Elementen und repetetiven Tonmustern. Stark instrumentiert, mit vielen feinen melodischen und dramatischen Wendungen, ist diese abwechslungsreiche Musik sicherlich eine der besten des bisherigen Filmmusikjahres.
Bewertung: ★ ★ ★ ★ ☆
Mike Beilfuß