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Tron: Legacy (Daft Punk)

Es ist so etwas wie die Hochzeit von Hans Zimmer und Tangerine Dream, mit Georgio Moroder und Jean-Michel Jarre als Trauzeugen.
Zwei Franzosen (Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo), die ihrem Publikum ansonsten eher mit Synthesizern und einer Drum-Machine ins Ohr gehen, greifen sich ein 90-köpfiges Orchester zum großsymphonischen Gig und überraschen mit einem Soundtrack, den mit seiner Wucht und Präzision – aber auch mit seinem filmmusikalischen Gespür für den Stoff – so kaum jemand dem französischen Elektronik-Duo zugetraut hätte.
Ganze zwei Jahre wurde laut Aussage des Orchestrators Joe Trapanese an dem Soundtrack zu Tron: Legacy gearbeitet; ein Luxus in einer Zeit, in der Gabriel Yared schnell mal aus The Tourist rausgeschmissen wird und James Newton Howard innerhalb von drei Wochen eine brauchbare Filmmusik zusammenschmieden soll. Der sich geleistete Luxus ist in diesem Fall allerdings ein Aufwand, der sich – zumindest künstlerisch – mehr als ausgezahlt hat.
Daft Punk breiten eine schier ungeheure Themenvielfalt aus; fast jede Szene, jeder Track bietet ein neues Thema. Im Vergleich: Der Track Outlands – schon jetzt mit seiner starken orchestral-flächigen Dynamik einer der Hauptanwärter auf die musikalische Untermalung der Hollywoodtrailer der nächsten Jahre (irgendwas muss ja mal Requiem for a Dream von Clint Mansell ablösen) – überzeugt in klassisch orchestraler Manier mit rhythmisch gesteigerter, akzentuierter Kontrapunktion in den Streicherflächen und wuchtigen Bläsereinsätzen, wohingegen die End Titles die typischen Drum Machine Loops von Daft Punk, völlig unblasiert und stimmig mit hollywoodscher Bombast-Symphonik verbinden. Der Track Solar Sailer hingegen – in den Anfangssequenzen wähnt man sich in Alan Parkers Midnight Express – kommt, obwohl ebenfalls verhältnismäßig groß orchestriert, völlig unspektakulär, klein und atmosphärisch daher. Äußerst stimmig komponiert sind es gerade auch solche Tracks, die dem Film einen ganz eigenen Charme und Raum für Atmosphäre geben.
Dermaßen fein orchestriert, werden die vielen Themen von einer übergeordneten Klangstruktur zusammengehalten. Spät-70er und 80er Jahre Elektronik-Anleihen paaren sich mit den typisch fließenden Klängen à la Hans Zimmer und werden von der eigenen Klangästhetik Daft Punks nicht nur zusammengehalten, sondern so verfeinert, dass daraus ein vollkommen eigener Filmmusikkosmos entsteht. Klassisches Actionscoring aus Hollywood verbindet sich in perfekter Synergie mit elektronischen Beats und Clustern auf höchstem Niveau. Dabei kann fast jeder Track auch für sich allein als Hörerlebnis bestehen, jedoch ohne dabei die Bilder und den Dienst für den Film aus den Augen zu verlieren.
Da sage noch einer, die Traumfabrik würde sich nichts mehr (zu)trauen! Zumindest filmmusikalisch ist Tron: Legacy ein ganz großer Wurf.
Mike Beilfuß

★★★★★