
Normal Records N 274 (36:52 / 16 Tracks)
Die endlose Weite der mongolischen Landschaft sowie das Leben einer Nomadenfamilie fernab jeglicher uns bekannten Zivilisation zu zeigen, animiert den betrachtenden Großstadtmenschen notwendigerweise zur Interpretation. Alles Unbekannte wird mit Bedeutung aufgeladen, die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Da die Regisseurin Byambasuren Davaa diesen Vorgang durch die halbdokumentarische Machart des Films zudem forciert, musste der Soundtrack hier unterstützend wirken – und er tut dies mit einem Balanceakt zwischen Neuem und Vertrautem. Das Instrumentarium zum Beispiel wird, selbst bei Musikinteressierten, zunächst Befremden hervorrufen: Das Hackbrettspiel ist vielleicht im süddeutschen Raum noch geläufig, aber Pferdekopfgeige und Untertongesang haben sich im hiesigen kulturellen Bewusstsein bislang wenig verankern können. Letzterer ist sozusagen das Komplementärphänomen zum Obertongesang: Erzeugt werden kehlige Laute, die unterhalb des Singtons liegen. Die genannten Instrumente wirken allein durch ihre Präsenz atmosphärisch und versetzen den Hörer in eine andere kulturelle Sphäre. Dennoch bleibt die gesamte Musik in für den westlichen Hörer nachvollziehbaren Dimensionen. Teilweise könnte man dem Komponisten Ganpurev Dagvan sogar vorwerfen, etwas allzu sorgsam mit den Ohren seines Zielpublikums umgegangen zu sein, schließlich schrammen einige Tracks nur aufgrund der instrumentellen Färbung knapp am Kitsch vorbei (was freilich bei Traumhafter Morgen auch nicht mehr hilft – der Titel hält was er verspricht!). Alles in allem bietet diese Veröffentlichung vielleicht nicht die gehaltvollste Kost, die Atmosphäre des Films in Erinnerung zu rufen ist sie aber allemal in der Lage.
Bewertung: ★ ★
Von Jan Peter Bäumer