
Luchino Viscontis Der Leopard ist die opulent ausgestattete Geschichte des Fürsten Salina, dessen Spitzname „Der Leopard“ ist. Der von Hollywoodstar Burt Lancester verkörperte Salina sieht sich vor einer schwierigen Aufgabe. Seine älteste Tochter hat sich in seinen Neffen Tancredi, gespielt von Alain Delon, verliebt. Dieser ist allerdings ein leichtlebiger und ebenso ehrgeiziger Emporkömmling und empfindet nichts für sie… Im Laufe der Geschehnisse muss der „Leopard“ erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben, wie sich auch die Bedeutung des Adelsstandes und die Salinas gewandelt haben. Kongenial ist hier die Musik Nino Rotas, die vor allem in den Ballszenen zwischen Opulenz und tiefer Tragödie pendelt. Der Leopard wurde von Koch Media bereits in zahlreichen DVD-Veröffentlichungen ausgewertet. Im Gegensatz zu den bisherigen Editionen ist der Film hier erstmals komplett synchronisiert. Einige ehedem in der Kinofassung fehlende Stellen wurden bisher immer untertitelt. Nun war es möglich, die fehlenden Synchronpassagen aus der rekonstruierten ZDF-Fassung zu übernehmen. Im Bonusmaterial finden sich einige Perlen, darunter ein ausführliches Interview mit dem Produzenten Goffredo Lombardi. Das Bild macht einen hervorragenden Eindruck und schafft auf Blu-ray bei den legendären Ballszenen sogar einen räumlichen Eindruck, wie man ihn wohl sonst nur aus dem Kinosaal kennt. Der Ton liegt wahlweise in deutsch und italienisch vor. Ingesamt ist diese Blu-ray die bisher beste Veröffentlichung des Visconti-Klassikers überhaupt und sollte in keiner Sammlung fehlen
Unmoralische Geschichten
Vor zwei Jahren brachte das Label Bildstörung mit La Béte – Das Biest den wohl bekanntesten Film Walerian Borowczyks auf DVD. Der polnisch-französische Filmemacher war einer der engagiertesten wie auch umstrittensten Akteure des europäischen Kinos. Das hängt gewiss auch mit dem Genre zusammen, dem er sich wie nur wenige hingebungsvoll verschrieb – dem erotischen Film. Wenn nun allmählich die fast vergessenen Filmschätze Borowczyks in schönen DVD- und Blu-ray-Editionen gewürdigt werden, ist das eine späte Anerkennung.
Bildstörung legt nun auch Unmoralische Geschichten (Contes Immoraux) in mustergültiger Edition auf. Der von Anatole Dauman produzierte episodische Film entstand 1974 und verbindet eindrucksvoll die Qualitäten von Borowczyks Kurzfilmen und dem einige Jahre vorher entstandenen Langfilm Goto. I´le d´amour. Zudem stellte eine für Contes Immoraux gedrehte siebzehnminütige Episode, die es nicht in die finale Filmfassung schaffte, die Vorlage für La Béte dar. Insofern ist Unmoralische Geschichten auch ein Werk des Übergangs, mit dem der Regisseur vom episodischen zum epischen, vom kleinen zum großen überleitet. So manche der hier in Szene gesetzten Motive finden sich ebenfalls in Borowczyks späteren Filmen wieder.
Unmoralische Geschichten ist in verschiedenen Editionen erhältlich. Die DVD-Ausgabe ist gewohnt umfangreich ausgestattet. Es finden sich Interviews mit dem Kameramann und der Regieassistentin, ein Kurzfilm sowie verschiedenen Audiokommentare. Das üppige Booklet mit einem Essay Daniel Birds rundet die Edition ab. Die zweite Variante ist eine auf lediglich 1000 Exemplare limitierte 3-Disc-Edition. Neben der normalen DVD-Ausgabe enthält das Set den Film als Blu-ray, die identisch zur DVD-Ausgabe ausgestattet ist. Sowohl DVD als auch Blu-ray bieten deutschen und französischen Ton sowie optionale deutsche Untertitel. Überraschendes offenbart sich auf Disc 3, denn hier wird tatsächlich die verschollen geglaubte Fassung mit der La-Béte-Episode präsentiert. Obwohl diese Version qualitativ gegenüber der offiziellen Kinofassung abfällt, ist sie sehr reizvoll. Bildstörung hat hier also wieder eine Veröffentlichung vorgelegt, die einen besonderen Film würdigt und keine Wünsche offen lässt. Nun bleibt nur zu hoffen, dass irgendwann einmal doch Borowczyks spätes Meisterwerk Doctor Jekyll et les femmes erscheint…
Das Syndikat
Colosseo Film überraschte Filmfreunde ebenfalls mit einer aufwendig produzierten und liebevoll umgesetzten DVD-Edition eines, in Deutschland, fast vergessenen Filmklassikers. Das Syndikat, oder im Original La Polizia ringrazia, entstand 1972 unter der Regie Stefano Vanzinas und ist ein Musterbeispiel europäischer Koproduktionen dieser Zeit. In Italien war La Polizia ringrazia derart erfolgreich, dass er das Genre der so genannten Poliziottescis, der italienischen Polizeithriller, begründete. In der Hauptrolle treffend besetzt ist Enrico Maria Salerno, ein in Italien bekannter Theaterstar und Regisseur. Der von Salerno verkörperte Polizist ist desillusioniert, weil die von ihm gestellten Ganoven immer wieder durch die Maschen des Gesetzes schlüpfen. Dasselbe Recht, das er zu verteidigen hat, gibt Kriminellen immer wieder die Möglichkeit, sich einer Verurteilung zu entziehen. Mario Adorf verkörpert in diesem Zusammenhang einen Staatsanwalt, der nach wie vor an die Unfehlbarkeit des Rechtssystems glaubt. Das Syndikat ist ein Spiegelbild der zerrütteten innenpolitischen Verhältnisse des Italiens der 1970er und fesselt auch heute noch durch die gelungenen Charakterzeichnungen der Darsteller. Hervorzuheben ist auch die genaue Regiearbeit Vanzinas, der es schafft, die Spannung konstant zu halten und sogar noch zu steigern. Die gehörige Portion Sozialkritik tut ihr übriges, dass der Film fast vierzig Jahre nach Entstehen noch immer Sprengkraft besitzt. Der Komponist Stelvio Cipriani liefert zudem mit seinem eingängigen, kraftvollen Titelthema die musikalische Blaupause für das gesamte Genre.
Die DVD-Edition entpuppt sich dabei als kleine Offenbarung. Waren bisher alle deutschen Fassungen des Films kürzer als die italienische Version, so veröffentlicht Colosseo Film erstmals die ungeschnittene Fassung. Die ehedem fehlenden Passagen wurden deutsch untertitelt. Ein Höhepunkt ist sicherlich auch die Bonus-DVD, die mit erstaunlichen, eigens produzierten Dokus und Interviews aufwartet. Die über einstündige Interviewdokumentation The way we were lässt ausführlich Mario Adorf, Produzent Dieter Geissler, Peter Berling und Jürgen Drews zu Wort kommen. Hier wird ein wichtiges Stück deutsch-italienische Filmgeschichte dokumentiert, die es Wert ist, nicht vergessen zu werden. In einem separaten, ebenso ausführlichen Interviewfeature, erinnert sich Jürgen Drews an seine Zeit als Schauspieler und die verpasste Chance, ein erfolgreicher Filmdarsteller zu werden. Dabei wirkt er überraschend ehrlich und uneitel. Jürgen Drews macht übrigens auch in seiner, relativ großen Rolle, in Das Syndikat, eine gute Figur. Das Syndikat ist ein hervorragender Thriller auf einer ebenso hervorragenden Silberscheibe. Colosseo Film, bitte mehr davon!
Geliebte Brigitte
Einen Filmklassiker der besonderen Art bringt Koch Media auf DVD und Blu-ray – Geliebte Brigitte. Die Filmkomödie mit James Stewart feierte ihre Premiere 1965, wurde danach aber nur sehr selten gezeigt. Zu Unrecht, denn der Film ist pure Familienunterhaltung und bietet erwachsenen Zuschauern sogar noch einen ironischen doppelten Boden. Zudem strahlt Geliebte Brigitte den Charme einer typisch-sympathischen James-Stewart-Komödie aus. Stewart spielt den College-Professor Robert Leaf, der ein besonderes Verhältnis zu den musischen Dingen des Lebens pflegt. Leider ist sein Sohn Erasmus da eine gelinde Enttäuschung. Was Leaf erst nicht bemerkt ist, dass Erasmus eine besondere Begabung für die Mathematik besitzt. Sein Sohn will von trockener Algebra allerdings nichts wissen, denn er schwärmt pausenlos für die Traumfrau Brigitte Bardot… Daraus ergeben sich zahlreiche turbulente Situationen und Wortgefechte. Die beschwingte Musik steuerte Routinier George Duning bei, einer der viel beschäftigten Unterhaltungsfilmkomponisten des Golden Age. Regisseur Henry Koster drehte zuvor bereits den unterhaltsamen Familienspaß Mr. Hobbs macht Ferien. Der ebenfalls mit James Stewart besetzte Film erschien vor kurzem auch über Koch Media. Die Blu-ray von Geliebte Brigitte weist ein erstaunlich scharfes und sorgfältig restauriertes Bild auf, ohne jedoch „überrestauriert“ zu sein. Der wahlweise in deutsch und englisch vorliegende Ton klingt sauber und dynamisch. An Extras bieten DVD und Blu-ray ein Interview mit James Stewart, Werbematerial als Bildergalerie sowie den Trailer.
Deep End
Eine wirkliche Überraschung ist Deep End, ebenfalls von Koch Media auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Jerzy Skolimowskis 1970 entstandenes erotisches Drama war seit dem Kinoeinsatz nicht mehr zu sehen und feiert mit dieser Veröffentlichung eine zweite, glanzvolle Premiere. Angesiedelt im London der späten 1960er erzählt der Film die manische Besessenheit eines Jungen von einer sieben Jahre älteren Frau. Während er sich vorerst zu ihr hingezogen fühlt, überwältigen ihn bald Gefühle der Eifersucht… Überraschend ist die gelungene Musikakzentuierung durch Stücke von Cat Stevens und, vor allem, The Can. Somit funktioniert Deep End sowohl als künstlerisch anspruchsvolles Drama über eine krankhafte Beziehung wie auch als, herausragendes, Spiegelbild einer ganzen Ära. DVD und, vor allem, die Blu-ray haben ein hervorragendes Bild, das behutsam restauriert wurde. Der Ton liegt wahlweise in deutsch und englisch vor. Zudem bietet die Veröffentlichung absolut brillantes Zusatzmaterial. Hervorzuheben sind hier die 73-minütige Dokumentation Starting Out sowie diverse geschnittene Szenen. Trailer, ein Making of und eine Bildergalerie runden die Scheibe ab. Deep End ist eine wahrhaftig mustergültige Veröffentlichung!
Hotel der toten Gäste
Das Label Pidax veröffentlicht in schöner Regelmäßigkeit deutsche Kinofilme und Fernsehproduktionen der 1950er und 1960er Jahre. Eine davon ist der Kriminalfilm Hotel der toten Gäste, prominent besetzt mit, unter anderem, Joachim Fuchsberger und Karin Dor. Der Film stellt schon etwas besonderes dar, da er eine kuriose Mischung aus Krimi mit Wallace-Flair, Schlagerfilm und, das ist nicht negativ gemeint, Fernsehästhetik ist. Das alles kommt im Gewande einer Kinoproduktion daher. Im besagten Hotel der toten Gäste werden der Reihe nach Bewohner ums Leben gebracht, die allesamt in der Schlagerbranche tätig sind. Bis es zur finalen Auflösung des Falls kommt, schlagen Regisseur Eberhard Itzenblitz und seine Drehbuchautoren diverse Haken. Die Story basiert auf dem Roman Die rote Vase von Heather Gardiner und weiß durchaus zu fesseln.
Kurios ist die Produktion von 1965 vor allem, da es sich um ein deutsch-spanisches Projekt handelt. Auch die produzierende Musichouse Film-Fernseh-und-Musikproduktions GmbH gibt die Richtung vor. Nicht von ungefähr ist der Film im Musik- beziehungsweise Schlagermilieu angesiedelt und es werden verdächtig oft Schlagersongs eingespielt, darunter von Elke Sommer. Auch Gus Backus darf als Hotelpage immer mal wieder durchs Bild laufen. Die Filmmusik von Gert Wilden verströmt dagegen echtes Kriminalfilmflair im Wallace-Stil. So spröde der Filmanfang ist, umso mehr nimmt das Geschehen recht bald an Fahrt auf. Hotel der toten Gäste muss man einfach lieb gewinnen, vor allem wegen den sympathischen Figuren und den teilweise etwas gewollt eingeblendeten Schlagerszenen. Freunde klassischer Krimigruselei werden auf jeden Fall gut bedient, auch alle Fans deutscher Unterhaltungsfilme der 1960er sollten auf jeden Fall einen näheren Blick wagen. Bildtechnisch ist der Film, dem Alter entsprechend, gut umgesetzt. Als besonderen Bonus bietet die DVD einen Reprint der originalen Illustrierten Film-Bühne.
Der Verdammte der Inseln
Mit der Carol-Reed-Produktion Der Verdammte der Inseln veröffentlicht Pidax einen raren, kaum gezeigten Film. Die Verfilmung der gleichnamigen Vorlage von Joseph Conrad ist exzellent besetzt, spielen doch Größen wie Trevor Howard, Robert Morley und Ralph Richardson mit. Die große Geschichte um Liebe, Enttäuschung und Mut spielt vor dem Hintergrund des englischen Kolonialwarenhandels in der Inselwelt Indonesiens. Der britische Film von 1952 macht das Flair dieser Zeit geradezu körperlich spürbar. Die exzellenten Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Kameramänner Edward Scalfe und John Wilcox arbeiten die Ursprünglichkeit der exotischen Inselwelten kongenial heraus, wie sie auch die Persönlichkeiten der Darsteller betonen. Hier hat der Film viele Gemeinsamkeiten mit Der dritte Mann, dem wohl bekanntesten Werk Carol Reeds. Während dieser Film das Wien der Nachkriegsjahre akustisch durch das berühmte Zitter-Thema nachempfindet, geht der Komponist Brian Esdale in Der Verdammte der Inseln einen anderen Weg. Er liefert eine symphonische Abenteuermusik, die ebenfalls exotische Elemente mit einfließen lässt. Leider hat es die englische Sprachfassung nicht mit auf die DVD geschafft, was aber aus zwei Gründen zu verschmerzen ist. Zum einen wurde der Film weltweit bisher nicht auf DVD veröffentlicht, zum anderen ist die deutsche Kinosynchronisation exzellent und mit hervorragenden Schauspielern besetzt. Abgetastet wurde eine sehr gut erhaltene deutsche Kinorolle, mitsamt den schönen alten Titeln. Als besonderen Bonus findet sich auch hier wieder ein Reprint der originalen Illustrierten Film-Bühne.