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The Artist (Ludovic Bource)

Sony Classical [77:58 / 24 Tracks]

Musikalisch schafft Ludovic Bource mit The Artist das, was filmisch auf eine derart charmante Art und Weise vielleicht nur Gene Kelly mit Singin”˜ in the Rain geglückt ist: gleichzeitig eine augenzwinkernde Parodie und eine liebevolle Hommage darzustellen. Eine Hommage an die Nostalgie. Es ist ein schmaler Grat, ein schwieriger Drahtseilakt, der Bource hier deshalb so gut gelingt, weil seine Musik nicht wie eine Parodie klingt. Er übertreibt nicht, er verzerrt nicht, er vermeidet die für die 20er Jahre typischen Manierismen wie tapsiges Mickey-Mousing, wenn er sich den Stil der Stummfilmmusik aneignet. Würdevoll, mit Respekt und Zurückhaltung, zollt er einer längst vergangenen Ära Tribut, als wäre seine Musik auch in den 20er Jahren komponiert worden. Seine Komposition nimmt sich selbst nicht zu ernst, ohne sich durch eine Ansammlung von Klischees lächerlich zu machen, weil seine Musik nie ausbricht in eine offensichtliche Satire. Vielleicht machte auch gerade das den Film von Michel Hazanavicius so beliebt auf den Festivals, wo der am 26. Januar 2012 in Deutschland in den Kinos anlaufende Streifen gefeiert wurde, wenn der Regisseur das richtige Gefühl und Timing entwickelt, auf das seine Reminiszenz an frühere Zeiten nicht zum selbstgefälligen, albernen Lustspiel werde. Dieses Talent, das ich nicht genug würdigen kann, zeichnet die Vertonung aus: voll schwelgerischer Themen und Motive, reich an Kontrapunkten und differenzierter Orchestration, präsentiert sich der authentische Artist wie eine Zeitmaschine, die einen auf eine 80minütige Reise in die 20er Jahre schickt. „Nostalgie ist Verleugnung – Verleugnung einer schmerzhaften Gegenwart. Der Name dieser Verleugnung ist der Gedanke an das goldene Zeitalter, die irrige Annahme, dass ein anderes Zeitalter besser ist als das, in dem wir leben. Das ist eine Schwäche in der romantischen Vorstellung von jenen Leuten, für die es schwierig ist, mit der Gegenwart klarzukommen“, lässt Woody Allen seine Charaktere in Midnight in Paris sagen; doch was wäre diese unsere gegenwärtige Welt ohne diese romantisierende, verklärende Sehnsucht nach besseren Zeiten? Es ist schön, dass wir Menschen wie Ludovic Bource haben, die diese menschliche Schwäche zuverlässig zu befriedigen wissen.

★★★★☆

Stephan Eicke