
HOWE Records [67:33 / 21 Tracks]
Mit der quirlig-bunten vorweihnächtlichen Fantasy-Geschichte Hugo beweist Martin Scorsese, dass er sich auch abseits seiner Mafia- und Thriller-Pfaden sehr gut zu bewegen weiß. Begleitet wird er auch auf dieser Reise von Howard Shore, der von Scorsese explizit den Auftrag erhielt, eine sehr thematische und präsente Filmmusik zu schreiben. So ist während der ersten 20 Filmminuten kaum mehr als Shores Musik zu hören. Wann gab es das schon in einem Scorsese-Film?
Da die Geschichte überwiegend an einem Pariser Bahnhof in den 1930er Jahren spielt, überrascht es wenig, wenn Shores Musik durchgehend ein sehr frankophones Klanggewand hat. Wer also Aversionen gegen Akkordeon und Klavier hegt, dürfte mit Hugo seine liebe Müh haben. Hugo ist eher ein Kinderfilm, der auch längere Komik-Szenen bietet. Hierzu liefert Shore teils ins Mickey-Mousing abdriftende, furiose Stücke. Doch wer mit diesen beiden Tatsachen keine Probleme hat, der darf sich auf eine wirklich tolle Filmmusik freuen, die jedoch mehrere Hördurchgänge benötigt, um sie thematisch durchschauen zu können. Für den Start lohnt es sich, das Eröffnungsstück The Thief und begleitend dazu den Song Cœur Volant genau anzuhören. Denn ersteres präsentiert bereits drei der vier präsenten Themen und letzteres spielt wunderschön mit dem Hauptthema. Mit dieser Übersicht dürfte das Hören des knapp 70-minütigen Albums einfache sein. Und das Stück The Invention of Dreams ist einfach ein Highlight des Filmmusik-Schaffens 2011.
★★★★☆
Basil Böhni