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Interview mit Klaus Pruenster zu "Das Weihnachts-Ekel" (ARD, 15. Dezember 2006)



Mike Beilfuß: Wie ist Ihr musikalischer Werdegang? Sie kommen ja eher aus dem Bereich Songwriter, oder?

Ich habe schon in früher Jugend Songs und Texte geschrieben. Daher kommt wahrscheinlich meine ausgeprägte Leidenschaft für die Entwicklung von Melodik, deren glühender Verfechter ich heute mehr denn je bin. In meiner Heimat Vorarlberg habe ich ein klassisches Musikstudium absolviert, mein Hauptinstrument ist die Gitarre. Neben meiner Tätigkeit als Studiomusiker, Gitarrist und Sänger in diversen Musikformationen galt meine Liebe und mein Interesse aber immer schon dem Komponieren komplexer Formen. Anfang der 80er Jahre hatte ich als Gründungsmitglied des Erdenklang Musikcomputerteams die Möglichkeit, als einer der ersten in Europa, im Rahmen der Ars Electronica in Linz mit dem legendären Fairlight Musikcomputer auf Basis der Sampling-Technik zu experimentieren und zu produzieren. Die Möglichkeiten dieser neuen Technologie habe ich letztlich dazu genutzt, um meine „computerakustische Rockmusik mit Erdenklängen“ zu entwickeln und hatte dann auch noch das große Glück, schon mit meiner ersten Soloplatte „Wunderwelt“ einen großen Hit zu landen. Es sind damals viele Musikprojekte und Schallplattenproduktionen als Interpret und Produzent entstanden. In den späten 80er Jahren habe ich dann auch begonnen Musiken für die Werbeindustrie zu schreiben. Mein letztes Soloalbum datiert aus dem Jahre 1994 mit dem musikalischen Psychogramm „Tiefenrausch“. Ich war damals mit der medialen Entwicklung und Ignoranz gegenüber heimischer Popmusik in Österreich sehr unzufrieden, so dass ich beschloss, mich aus dem Popmusikbusiness zurückzuziehen.

Wie sind Sie dann zur Filmmusik gekommen?

Das war vor etwa 10 Jahren. Eine große Filmproduktion suchte einen neuen Komponisten für die TV-Serie Klinik unter Palmen. Man hat mich und auch andere Komponisten zu einer Art Wettbewerb eingeladen. Jeder sollte 10 Minuten Musik zu einer beliebigen Stelle im Film schreiben. Das habe ich dann auch gemacht und die Entscheidung ist letztlich für meine
Umsetzung gefallen. In der Folge habe ich dann für 17 Filme dieser Serie die Musik komponiert und produziert. Aufgrund der vielfältigen musikalischen Anforderungen bei dieser TV-Serie habe ich bei dieser Arbeit sehr viel für meine weitere filmmusikalische Entwicklung profitiert. Man weiß ja, dass Musikbudgets für TV-Filme in den meisten Fällen eher bescheiden sind, mir hat meine jahrelange Beschäftigung mit elektronischer Umsetzung orchestraler Musik damals sehr geholfen, dieses Manko auszugleichen und interessante Ergebnisse mit dieser Technik zu erzielen.

Was machen Sie lieber? Filmmusik oder Songalben? Damit verbunden ist vielleicht auch die Frage angebracht was zur Zeit für einen Komponisten vom Geld her einträglicher ist?

Filmmusik zu schreiben ist etwas Wunderbares, in diesem Bereich möchte ich noch viel schaffen und sehe noch sehr große Möglichkeiten. Langsam regt sich allerdings auch wieder der Wunsch ein Solo-Album zu machen. Ein kleiner Auslöser u.a. war mein Duett mit Heinz Hoenig für den Titelsong des Zweiteilers Rose unter Dornen, bei dem ich seit langer Zeit wieder einmal, eigentlich unfreiwillig, zum Interpreten geworden bin. Ich wurde gefragt, ob ich zur Filmmusik noch einen Song schreiben könnte. Ich habe den Song dann der Einfachheit halber erstmal mit meiner Stimme aufgenommen. Dies hat dem Produzenten und Regisseur gefallen, sodass der Song mit meiner Stimme im Film geblieben ist und veröffentlicht wurde. Der gesamte Soundtrack hat beim Publikum wunderbare positive Resonanzen ausgelöst. Nächstes Jahr ist nun als Vorbote für ein neues Album eine Best Of – DVD über meine Arbeiten der letzten 20 Jahre geplant. Ein kleiner Vorteil des Filmkomponisten ist es auch, dass man nicht in der ersten Reihe steht und sich keine Gedanken machen muss, ob und wann ein Film ausgestrahlt wird. Als Komponist und Interpret von Alben steht man permanent an vorderster Front und braucht die Öffentlichkeit. Dies führt natürlich wiederum zu einer Abhängigkeit von Medien, Redakteuren usw. Mit den Einnahmen verhält es sich ähnlich. Im Film hat man voraussehbare Größenordnungen und eine gewisse Kontinuität. Im Hitfalle eines Albums sind die Möglichkeiten natürlich größer.

Wie sind Sie zum Film Das Weihnachts-Ekel gekommen?

Ich habe für die Graf Filmproduktion bereits die Musik für den Weihnachtsfilm Ein himmlischer Freund mit Heinz Hoenig geschrieben, bei dem auch die Musik sehr positiv bemerkt wurde. Auch der Autor Rolf Rene Schneider für den ich schon viele seiner Bücher vertont habe, wollte, dass ich auch die Musik für sein Weihnachts-Ekel schreibe.
Als ich hörte, dass Joseph Vilsmaier Regie führt, war das für mich natürlich ein ganz besondere Ehre und Herausforderung.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Joseph Vilsmaier? Hatten Sie Kontakt zu Ihm oder lief alles über die Produktionsfirma?

Die erste Besprechung fand bei Joseph Vilsmaier in München statt. Dort haben wir uns den Rohschnitt angesehen und eigentlich nur allgemein über die Filmmusik gesprochen. Während meiner Arbeit besuchte er mich dann zweimal in meinem Studio in Linz. Er hat mir bei der musikalischen Lösung des Filmes freie Hand gelassen und mir offensichtlich auch sehr vertraut. Er ist ein Mensch der aus dem Bauch heraus entscheidet, ob ihm etwas gefällt oder nicht. Wir haben ein sehr freundschaftliches und respektvolles Verhältnis und wollen auch bei einem anderen sehr interessanten Projekt zusammenarbeiten.

Welche musikalischen Vorgaben gab es?

Keine.

Das ist interessant! War für Sie dieser spezifische Genrefilm (Weihnachtsfilm) gar nicht kompositorisch einengend?

Nein überhaupt nicht, da es sich eigentlich um keinen klassischen Weichspüler-Weihnachtsfilm handelt. Ich hatte hier sogar die Möglichkeit das Genre etwas anders zu bedienen und stark kontrastierende Stilistiken anzuwenden.

Welche bestimmten filmischen Szenen sollte Ihre Musik vor allem illustrieren? Gibt es eine Art Leitmotivik? Szenisch- oder Personengebunden?

Da in dem Film sehr viele Personen zu Beginn eingeführt werden , war es eine wichtige Aufgabe der Musik, die Personen und ihre Rolle im Film klar zu charakterisieren. Beim Leitmotiv für die Hauptperson habe ich bewusst das gängige Klischee verlassen und eher untypisch für das Genre ein „funkiges“ Thema gewählt bei dem ich dann ziemlich schräg ein Zitat aus einem bekannten Weihnachtslied eingearbeitet habe. Das Verhältnis szenisch oder personengebunden würde ich als ausgewogen „sowohl als auch“ bezeichnen. Die konsequente Durchführung der Leitmotive für bestimmte Personen lässt mitunter sogar eine scheinbar absurde Stimmung aufkommen, welche der Film eigentlich gut gebrauchen kann.

Welche Projekte liegen in nächster Zeit bei Ihnen an?

Ich schreibe noch bis Weihnachten an der Musik zum zweiten Teil des Heimatfilms Der Arzt vom Wörthersee, im Frühjahr habe ich das Angebot für einen großen Zweiteiler. Weiters arbeite ich an einem großen multimedialen sinfonischen Werk über ein weltweit agierendes Unternehmen. Im April begleite ich live als Gitarrist den Schauspieler Christian Kohlund im Theaterstück „Im Zweifel für den Angeklagten“, für das ich ebenfalls die Musik geschrieben habe und was mir sehr viel Spaß bereitet. Für Herbst sind die Musiken für weitere TV-Filme geplant.

Vielen herzlichen Dank für das Interview, Herr Pruenster!