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«Hollywood in Vienna 2015» ehrte James Newton Howard

von Basil Böhni

Am 16. Oktober 2015 nahm James Newton Howard sichtlich gerührt im Wiener Konzerthaus den Max Steiner Film Music Achievement Award entgegen. Die Preisverleihung wurde von einem über weite Strecken spektakulären Konzertprogramm mit beeindruckend viel Prominenz aus der Musikbranche und gigantischem Aufwand umrahmt. Filmausschnitte, Moderation und Showeffekte verliehen ein passendes Mass an Glanz und Gloria. Ein Festivalbericht mit Statements von James Newton Howard, Festivalleiterin Dr. Sandra Tomek und Moderator Steven Gätjen.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Hollywood in Vienna 2016

Im Jahr 2007 konzipierte und etablierte Dr. Sandra Tomek die Filmmusik-Gala «Hollywood in Vienna». Dr. Tomek: «Ich bin mir meiner grossen Leidenschaft für die Filmmusik schon früh klar geworden. Diese Musik gibt mir mit ihrer riesigen Diversität einfach unglaublich viel.» Damit hat das noch junge Festival erst acht Jahre ‹auf dem Buckel›, doch gelang es der Festivalleitung, bereits viele illustre Komponisten zu feiern und zu ehren. Nachdem John Barry (2009), Howard Shore (2010), Alan Silvestri (2011), Lalo Schifrin (2012), James Horner (2013) und Randy Newman (2014) in den Vorjahren den Max Steiner Award im Wiener Konzerthaus persönlich entgegengenommen haben, reihte sich am 16. Oktober 2015 James Newton Howard in diesen gekrönten Talent-Reigen ein. Zu diesem Anlass boten das ORF Radio-Symphonieorchester Wien, der Chor der Neuen Wiener Stimmen, der Kinderchor Superar und zahlreiche Solisten unter der Leitung des Gastdirigenten Keith Lockhart, Chefdirigent der renommierten Boston Pops, Auszüge aus Mystery-Filmmusiken und natürlich aus Newton Howards Schaffen dar. Die Moderation übernahm der ProSieben-Moderator Steven Gätjen (2016 soll er zu ZDF wechseln), womit der «Film-Spezialist» nach der Moderation vom 11. Zurich Film Festival quasi einen fliegenden Wechsel nach Wien gemacht hat. Gätjen zu seiner Filmleidenschaft: «Ich bin mit dem Medium Film aufgewachsen. Mein Vater war ein begeisterter Cineast und er hat diese Leidenschaft auch weitergegeben. Er erzählte uns abends oft Geschichten – beispielsweise die Geschichte von Ulysseus aus Homers Odyssey –, was unsere Freude an fantastischen Erzählungen geweckt hat, und die in der Faszination für den Film ihre Fortsetzung fand.»

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Dr. Sandra Tomek und Ehrengast James Newton Howard auf der Bühne im Wiener Konzerthaus

Konzertmotto «Tales of Mystery»

Der erste Teil des Galakonzerts widmete sich als Vorbote zu Halloween den «Tales of Mystery» (dt: mystische Erzählungen). Hierfür wurden mal mehr, mal minder bekannte Filmmusikmelodien zu geheimnisumwehten, grusligen und skurrilen Hollywood-Filmen präsentiert. Highlights waren die Suite aus Franz Waxmans Rebecca (1940), das kultige Carol Ann’s Theme aus Jerry Goldsmiths Poltergeist (1982), Alice’s Theme von Danny Elfman für Alice in Wonderland (2010) und die hervorragende Suite aus Goldsmiths The Omen (1976). Zudem evozierte der Gesang der Sopranistin Daniela Fally in Meeting Laura aus der Filmmusik von Perfume – The Story of a Murderer (2006), komponiert von Tom Tykwer, Reinhold Heil und Johnny Klimek, Gänsehaut und feuchte Augen zugleich – ebenfalls ein Höhepunkt des ersten Konzertteils. Nicht geglückt ist hingegen die Darbietung von Hans Zimmers Chevaliers de Sangreal aus der Filmmusik zu The Da Vinci Code (2006). Diese mitreissende Komposition bewegt sich im Original von verhaltener Mystik hin zu sakralem Bombast, mit einem ‹atmenden›, akzentuierten, stetigen Aufbau. Die Konzertdarbietung hingegen war irritierend platt und mechanisch, was das Stück schwerfällig machte und ihm des Zaubers beraubte.
Weiter wurden Auszüge aus John Debneys Phantom Manor (2013), Alan Silvestris Death Becoms Her (1992), Richard Bellis‘ IT (1990; Bellis war selbst auch anwesend), Alexandre Desplats The Curious Case of Benjamin Button (2008) und Marc Shaiman & Vic Mizzys The Addams Family (1991) vorgetragen. Damit bot bereits der erste Konzertteil ein üppiges, über einstündiges Programm.

And the Max Steiner Award Goes to…. James Newton Howard

Die zweite Konzerthälfte bot ein «Tribute to James Newton Howard». Doch bevor das Orchester und die Sänger hierzu ausgeholt haben, spielte der Pianist František Jánoška eine freie Interpretation der Komposition The Portrait aus Titanic (1997), in Gedenken an den diesjährig verstorbenen und 2013 mit dem Max Steiner Award ausgezeichneten Komponisten James Horner. Parallel dazu wurden Ausschnitte von seinem Auftritt im Wiener Konzerthaus von vor zwei Jahren gezeigt und Auszüge aus seiner Dankesrede ans Publikum abgespielt.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: The Hanging Tree aus The Hunger Games: Mockingjay – Part I (2014), Solistin: Edita Malovčić

Der «Tribute to James Newton Howard» – Konzertteil eröffnete imposant mit einem Auszug aus Flow Like Water aus The Last Airbender (2010). Es folgten kürzere und längere Auszüge, Suiten und Songs aus 19 weiteren Arbeiten von Newton Howard wobei das zusammengestellte Programm eine sehr beeindruckende Bandbreite und Vielfalt präsentierte und damit das beachtliche Schaffen vom Komponisten adäquat reflektierte. Die Highlights waren zahlreich: Die Suite aus The Village (2004) und Defiance (2008) mit den eindrücklichen Violine – und Cello- Soli von Emmanuel Tjeknavorian (eine Wucht!) und Ina Petkova-Apostolova; die Suite aus Maleficent (2014); die Suite aus Batman Begins (2005) und The Dark Knight (2008), die mit pulsierender Elektronik und Wucht das Konzerthaus einzureissen drohte. Zudem wurde der Song The Hanging Tree aus The Hunger Games: Mockingjay – Part I (2014) toll inszeniert (mit der Solistin Edita Malovčić, die während des Sologesangs durch den Konzertsaal auf die Bühne schritt, gefolgt vom gemischten Chor) und für die Suite aus Blood Diamond (2006) – das Highlight des Abends – wurde das Orchester und der gemischte Chor vom Kinderchor Superar, der Solistin Velile Mchunu und dem afrikanischen A-cappella-Gesangs-Trio Insingizi & Friends verstärkt – die Bühne war zum Bersten voll und das gelungene Arrangement ein Hit. Für einen ruhigen Moment sorgte das Stück First Kiss aus Pretty Woman (1990). Weniger überzeugend waren die vorgetragenen Songs Places That Belong to You aus The Prince of Tides (1991), gesungen von Louise Dearman, und For the First Time aus One Fine Day (1996), gesungen von Brian McKnight. Zum einen drohten die Sänger von der Wucht des Orchesters überdeckt zu werden, zum anderen wohnt den Songs von Newton Howard weniger ausgeprägter Ohrwurm-Charakter inne als seinen Instrumentalkompositionen, weshalb die Songs neben der orchestralen Kompositionen etwas verblasten. Diese kleinen Schwächen vermochten jedoch den tollen Gesamteindruck der zweiten Konzerthälfte und des Konzertabends allgemein nicht zu schmälern. Den Produzenten und allen voran Dr. Sandra Tomek kann für diese gelungene Ausgabe von «Hollywood in Vienna» ein grosses Lob ausgesprochen werden.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Places That Belong to You aus The Prince of Tides (1991), Solistin: Louise Dearman

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: For the First Time aus One Fine Day (1996), Solist: Brian McKnight.

«Mehr Konzerte würden mich freuen»

Nach dem kurzen Stück Chariot Ceremony aus The Hunger Games (2012) und vor der Song-Darbietung von For the First Time wurde am Konzertabend vom 16. Oktober 2015 unter tosendem Applaus und Standing Ovation der Max Steiner Award dem sichtlich gerührten James Netwon Howard überreicht. Hierzu überbrachte Dr. Tomek auch Grussworte und Gratulationen an Newton Howard seitens Hans Zimmer und Regisseur M. Night Shyamalan. Der Konzertabend hat bewiesen, dass Newton Howards Schaffen effektvoll und äusserst unterhaltsam in konzertanter Form präsentiert werden kann. Eine breite Musikstilvielfalt und eine Vielzahl schöner Themen fordern geradezu dazu auf, dass in Zukunft viel mehr Musik von Newton Howard im Konzertsaal aufgeführt werden sollte. Hierzu Newton Howard: «Diese Erfahrung machen zu dürfen, war fantastisch. Als Filmkomponist arbeitet man fast ausschliesslich im stillen Kämmerlein. Zu erleben, wie sehr die eigene Musik vom Publikum gefeiert wird, ist überwältigend und war für mich bis heute Abend nicht vorstellbar. Ich würde es sehr geniessen, künftig vermehrt Konzerte zu geben, zumal ich meiner Filmkompositionsarbeit für neue Filme in Zukunft eher etwas weniger ausgiebig nachgehen möchte. Mehr Konzerte würden mich freuen.» Dieser Wunsch von James Newton Howard darf gerne Wirklichkeit werden, zumal in seiner Discographie noch etliche weitere Kompositionen zu finden sind – Waterworld (1995), Snow Falling on Cedars (1999), I Am Legend (2007) und Dave (1993), um nur einige zu nennen – die im Konzertsaal eine nicht minder gute Figur machen würden.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Im Vorfeld des Gala-Konzerts fanden zahlreiche Symposien statt. Eines davon gestaltete der Ehrengast Newton Howard sogleich selbst. Hier am Klavier.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Die Vienna Synchron Stage, die grosse neue internationale Recording Stage in Wien. Newton Howard und weitere Gäste von Hollywood in Vienna 2015 waren auch hier zu Gast und zeigten sich beeindruckt. Am Dirigentenpult steht Conrad Pope.

Hollywood in Vienna, Wiener Konzerthaus, 2015
Foto: Zu Gast in der Vienna Synchron Stage: Dennis Sands und James Newton Howard (v.l.n.r.). Foto-Credits für alle gezeigten Fotos: Hollywood in Vienna.