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Stars im Nieselregen

Einen Hauch von Hollywood verspricht die Berlinale jedes Jahr; mit Stars und rotem Teppich und allem. Der rote Teppich wird seit dem Auszug aus dem altehrwürdigem Zoopalast am Theater am Postdamer Platz – während der Berlinale-Zeit Berlinale Palast ausgerollt und die Stars kommen, denn Berlin ist tatsächlich eines der bedeutendsten Filmfestivals der Welt. Den Hauch von Hollywood mag man sich aber anders vorstellen. Zwanzig Meter vom roten Teppich entfernt ist davon nicht mehr viel zu sehen. Dank Videoleinwand kann man zwar live betrachten, was auf dem Teppich so passiert, die Menschen hinter den Stars kann man allerdings nur erahnen. Auffälliger sind die Journalisten und Fotografen, die sogar mit eigenen Leitern kommen, um das beste Foto zu erwischen. Da liegt kein Glamour in der Luft, nicht wirklich. Alle paar Minuten wallen die Stimmen der Fotografen auf, aber was sich von weitem als Pöbeleien anhört, ist der Versuch die Aufmerksamkeit des Stars auf dem Teppich zu erheischen, damit dieser – oder viel öfter diese – sich in fotogene Pose wirft. Was die natürlich auch sofort tun, es geht schließlich ums Gesehen werden.

Der Eröffnungsfilm – La vie en rose (La Môme) – ist dabei fast nebensächlich. Aber da dürfen wir uns keine Illusionen machen, so ist es wahrscheinlich auch Hollywood. Die Berlinale ist tatsächlich unser Hollywood in Deutschland, vielleicht von der Organisation ein wenig angestrengt wirkend, von der medialen Aufbereitung aber höchst professionell. Die Musik – die Stars, Glamour und alles verspricht – wird übrigens erst in den TV-Anstalten beigemischt. In Berlin gab es nur Nieselregen.


Stars im Nieselregen – der rote Teppich aus 20 Metern Entfernung

Zur Eröffnungsveranstaltung nicht eingeladen, blieb einem dann auch nur übrig, dass zu tun wofür die Berlinale da ist: Filme gucken. Mein erster Berlinale-Film Faces of a Fig Tree von Kaori Momoi, bekannt für ihre Rolle als „Mutter“ aus Memoirs of a Geisha. In ihrem Regiedebüt beschreibt sie das Leben einer funktional/ disfunktionalen japanischen Durchschnittsfamilie. Mit teilweise schonungsloser, aber dennoch optisch verklärter Nähe lässt sie ihre Protagonisten – sich selbst in der Rolle der Mutter – in dem kleinen Einfamilienbungalow ihre Probleme ausleben. Mit der Zeit verheddert sich der Film allerdings zusehends im Symbolischen.
Die Musik stammt von dem israelischen Komponisten Gilad Benamram. In seiner Arbeit fließen Einflüsse aus den verschiedensten Kulturkreisen zusammen, natürlich gibt es Anklänge an traditionell japanische Musik, aber sowohl arabische Klänge als auch Stilmittel der aktuellen amerikanischen Filmmusik sind zu hören. Die Wahl dieses internationalen Künstlers war wohl ein Zugeständnis an den Weltmarkt, auf dem der Film laufen will. Der Film lebt allerdings von und spielt mit der Authentizität seiner japanischen Identität, weshalb die Musik zum Teil ein wenig fehl am Platze wirkt.