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Herr Eastwood aus Japan

Die Organisation der Berlinale ist sehr bemüht, möglichst viele Stars an die Spree zu locken – mit Erfolg. Eine kleine Auswahl der Stars, die dieses Jahr den roten Teppich bereits entlang gewandert sind: Cate Blanchett, Judi Dench, Matt Damon, Robert de Niro, Clint Eastwood, Martina Gedeck, Stephen Soderbergh, August Diehl. Regisseure, Produzenten und vor allem Schauspieler bevölkern dieses Stück roten Tuchs – kein Komponist. Kein Komponist? Nun, gut einer war bei der Aufzählung dabei, der für seine Filme die Musik schreibt: Clint Eastwood. Für den Film allerdings, den er hier in Berlin vorstellt, hat er selbst nicht die Musik geschrieben, sondern die Aufgabe seinem Sohn Kyle Eastwood und Michael Stevens – und nicht zu vergessen – seinem Orchestrator Lennie Niehaus übergeben. Letters from Iwo Jima erzählt die Geschichte der Schlacht um Iwo Jima, diesmal – im Gegensatz zu Flags of our Fathers – aus der Sicht der Japaner, die diese Insel verteidigten. Während der Vorbereitung zu Flags war Eastwood auf die Schriften des Befehlshabers von Iwo Jima gestoßen und begann sich für die andere Seite zu interessieren. Das Bild, das man mit Iwo Jima verbindet, jene Soldaten, die die Flagge hissen, taucht dementsprechend nur am Rande auf; aus einer der vielen Verteidigungsanlagen, die in den Berg geschlagen wurden, kann man die Flagge in der Entfernung sehen. In der Enge dieser Felsenfestung entwickelt Eastwood ein teilweise kammerspiel-artiges Psychogramm der Menschen, die zwischen Ehre, Leben und Tod gefangen sind. Ein sehr eindrucksvoller Film mit einer hervorragenden Cast um den mittlerweile in Hollywood angekommenen Ken Watanabe, Tsuyoshi Ihara und den Shooting-Star Japans Kazunari Nimomiya, die auch alle drei nach Berlin gekommen sind, um Letters zusammen mit dem Regisseur zu präsentieren.
Die Musik von Kyle Eastwood und Michael Stevens ist wie die Musik zu eher einfach, im Film erzielt sie jedoch einen sehr starken Effekt. Ein pentatonisches Thema, wie man es mit japanischer Musik verbindet, wird von einer einsamen Trompete geblasen, einem Instrument, das sonst in amerikanischen Filmen die gefallenen Kameraden beklagt. Dieser Zusammenklang ist bezeichnend für Clint Eastwoods Werk, denn es ist ein amerikanischer Film aus einer japanischen Perspektive. Und es ist kein Wunder, dass diese für Eastwood neue und für den Zuschauer spannende Herangehensweise an einen Film, die Aufmerksamkeit der Academy geweckt hat und für den Oscar als bester Film nominiert ist.


Den Oscar im Blick: Dolmetscherin Yuki Ishimaru, Regisseur Eastwood und Hauptdarsteller Watanabe

Eine andere historische Begebenheit an einer anderen Stelle der Welt erzählt der Film Goodbye Bafana von Bille August. Erzählt wird aus der Sicht seines Gefängniswärters (Joseph Fiennes) die Geschichte der langen Gefangenschaft Nelson Mandelas (Dennis Haysbert). Erzählt wird die Geschichte, wie dieser Gefängniswärter durch den Kontakt zu Nelson Mandela seine ursprünglich wie in Fels gehauenen Einstellungen in Bezug auf die Richtigkeit der Apartheid in Frage stellt. Eine Entwicklung, die im Film leider nicht unbedingt deutlich wird und sich aus dem Film heraus am ehesten dadurch erklären lässt, dass der Charakter von Joseph Fiennes einfach netter ist als seine Kollegen. Auch die Wandlung der Frau des Wärters (Diane Krüger), die anfangs noch die Apartheid als gottgegeben verteidigt, wird wenig deutlich. Lediglich Dennis Haysbert schafft es, in der Rolle der unkorrumpierbaren Eminenz Mandela zu überzeugen.
Überzeugend sind auch das musikalische Konzept und die Kompositionen von Dario Marianelli. Die Musik begleitet die Musik die Protagonisten durch den Film und unterstützt die Bilder so gut sie es kann. Anfangs mit Anklängen an irische Musik, nämlich wenn die Weißen noch unter sich sind, vermischt sie sich zunehmend mit afrikanischen Rhythmen und Klängen, wenn die beiden Protagonisten sich einander nähern. Da Dennis Haysbert als Nelson Mandela kaum Gefühle zeigen darf, ist Marianellis Musik vielleicht das emotional Ergreifendste des ganzen Films.