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Zu guter Letzt

Die Berlinale neigt sich ihrem Ende zu, zum letzten Mal heißt es Großeinsatz am roten Teppich. Die 57. Internationalen Filmfestspiele Berlin verabschieden sich mit der Weltpremiere von Angel von François Ozon. Der momentan angesagteste Filmemacher Frankreichs erzählt in einer französisch-britisch-belgische Koproduktion die Geschichte von Angel Deverell, einer fiktiven Romanautorin zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Angel ist voller Vorstellungskraft und alles, was sie schreibt, ist lediglich ein Bild ihrer Fantasie. Die Realität nimmt sie nicht wahr, denn sie hat sich in ihrer eigenen Romanwelt verfangen. In schwelgerischen Bildern gestaltet Ozon die Welt von Angel. Große Ausstattung, reiche Farben und atemberaubende Kostüme, alles ein wenig überlebensgroß und unrealistisch, denn das ist auch, wie sich Angel die Welt wünscht. Die Welt der anderen, die Enge des Kramerladens, in dem sie aufwächst, darf für keine Rolle mehr spielen. Aber die Realität kann auch sie nicht aufhalten und muss zwangsläufig an ihr zu Grunde gehen. Als ihr Mann – ein Maler, der im Gegensatz zu ihr die Welt eher düster sieht und malt und der sich auch nicht von Angel dazu bringen lässt mehr Farben zu benutzen – verkrüppelt und verstört aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt, ist die Tragödie kaum noch aufzuhalten. Hauptdarstellerin Romola Garai spielt die Angel mit begeisterndem Schwung und Eleganz, schön und unnahbar verkörpert sie die Titelfigur und lässt sie immer ein wenig das trotzige Kind bleiben, das sich lieber in die eigene Fantasie flüchtet, anstatt sich mit den Tatsachen auseinander zu setzen. Ozon beweist einmal mehr, dass er wunderbare Frauenrollen schreiben kann. Die Musik stammt von Philippe Rombi, der der langjährigen Zusammenarbeit mit Ozon damit ein neues Kapitel beifügt. Der Komponist weiß die ganze Bandbreite seines Orchesters gut zu nutzen und hat einen komplett symphonischen Score geschaffen, der Erinnerungen an die spätromantische Musik für die großen Melodramen der 30er und 40er Jahre wach werden lässt. Eine schöne, volle Musik ohne Angst vor großen musikalischen Gesten. Genau der richtige Score um dem Leben von Angel, seine Grandezza zu geben. Ein gelungener Abschlussfilm, da er selbst etwas gala-artiges an sich hat und somit ideal in den Rahmen der Preisverleihungsgala hinein passt.


Große Gala: Charlotte Rampling, Sam Neill, Romola Garai und Michael Fassbender

Das Wappentier Berlin ist, wie man weiß, ein Bär, weswegen sich die Internationalen Filmfestspiele dieses Tier als Symbol gegeben haben. Die Preisstatuette des Goldenen Bären wurde von der Künstlerin Renée Sintenis geschaffen und wird seit den ersten Filmfestspielen an den besten Film der Berlinale. Verliehen wird er durch eine Fachjury, der dieses Jahr der Regisseur und Autor Paul Schrader vorstand. 22 Filme waren im Wettbewerb, 22 Kandidaten für den goldenen und sechs silberne Bären, 22 Filmemacher, die sich zehn Tage lang die Hoffnung machen konnten, den begehrten Preis mit nach Hause nehmen zu können. Am 17. Februar war es dann so weit, die Zeit des Rätselratens und der Spekulationen waren vorbei. Zum letzten Mal hieß es den Marsch über den roten Teppich antreten, über den nur einer mit einem Goldenen Bären wieder zurückkehren würde (eigentlich drei, denn der Ehrenbär, den die Berlinale dem Regisseur Arthur Penn für sein Lebenswerk verliehen hat und der Bär für den besten Kurzfilm sind ebenfalls golden, aber nur der eine Bär wird wirklich wahrgenommen).
Und der Sieger ist Tuya De Hun Shi (Tuyas Ehre) des chinesischen Regisseurs Wang Quan’an, ein Film über einer jungen Frau aus der Steppe der Inneren Mongolei, die versucht aus ihrem festgefahren Leben auszubrechen, bis es sie wieder gnadenlos einholt. Und ein Film, den ich leider nicht gesehen habe. Zum Glück verspricht der Goldene Bär, dass der Film zumindest für Deutschland jetzt einen Verleih finden dürfte und hoffentlich bald ins Kino kommen sollte. Die Filme des Wettbewerbs, die ich sehen konnte versprechen nämlich eine hohe Qualität des Films, welche die anderen Wettbewerbsbeiträge schließlich auch hatten.
Silberne Bären gingen an:
El Otro (Der Andere) von Ariel Rotter – Großer Preis der Jury 2007
Joseph Cedar – beste Regie für den Film Beaufort
Nina Hoss – beste Darstellerin für den Film Yella von Christian Petzold
Julio Chavez – bester Darsteller für den Film El Otro
Das Schauspielerensemble des Films The Good Sheherd von Robert de Niro – herausragende künstlerische Leistung
Und
David Mackenzie – beste Filmmusik für das musikalische Konzept seines Films Hallam Foe
Kein Preis an einen Komponisten, sondern ein Preis für ein musikalisches Konzept, das war für mich auf den ersten Blick überraschend, scheint mir doch ein Filmmusik-Preis eher Originalmusik zu zustehen. Das Musikkonzept von Hallam Foe ist allerdings in der Tat gut und vermutlich auch auszeichnungswürdig. Wahrscheinlich empfand die Jury, dass sich diese Musik von der Musik zu den anderen Wettbewerbsbeiträgen abhob und gerade das wollten sie auszeichnen. Auf jeden Fall eine interessante Entscheidung, aber das sind nun mal Dinge, die passieren, wenn eine Fachjury entscheidet und nicht das Publikum. Jurys sind immer für eine Überraschung gut.