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Interview mit Ralf Wengenmayr über seine Musik zu „Mein alter Freund Fritz“

Vor zwei Jahren haben Sie das erste Mal mit Dieter Wedel bei dem TV-Zweiteiler Papa und Mama zusammengearbeitet. Wie ist Ihr Kontakt zu Dieter Wedel zustande gekommen?

Der erste Kontakt wurde bereits vor 6 Jahren über den damaligen ZDF Musikredakteur Mario Lauer geknüpft. Dieter Wedel wollte mich damals für die Musik seines Mehrteilers Die Affäre Semmeling engagieren. Leider kam mir etwas dazwischen, so dass sich unsere erste Zusammenarbeit erst drei Jahre später mit Papa und Mama ergeben hat.

Dieter Wedel ist einer der anerkanntesten und besten TV-Regisseure, gilt aber auch als sehr schwierig, Gerüchten nach, im menschlichen Umgang am Arbeitsplatz. Wie waren Ihre Erfahrungen im beruflichen Umgang mit Dieter Wedel?

Ich kann die Gerüchte um seine Person nicht bestätigen, allerdings ist die Arbeitsatmosphäre in meinem Studio oder auf Mallorca sicherlich entspannter als am Set während der Dreharbeiten. Die Zusammenarbeit verlief entgegen aller düsteren Prognosen problemlos und die gegenseitige Wertschätzung trug zu einem angenehmen und sympathischen Arbeitsklima bei. Der einzige Wermutstropfen, der mir in diesem Zusammenhang einfällt, war der pralle Terminkalender von Dieter Wedel, der Terminvereinbarungen mit Redakteur und Produzent jedes Mal zu einem Lotteriespiel machte.


Ralf Wengenmayr vor seinem Flügel

Mein alter Freund Fritz handelt von einem Arzt, gespielt von Ulrich Tukur, der gegen Widerstände beruflich eine starke moralische Position vertritt, bei dem auch familär nicht alles glatt läuft und der dann durch einen plötzlichen Unfall beginnt über sein Leben nachzudenken. Ernsthaftigkeit und komödiantische Elemente sollen in diesem Film jedoch gleichermaßen vorkommen.
Wie haben Sie versucht all diese verschiedenen Elemente und Ansätze musikalisch wieder zu geben?

Indem ich versucht habe, nicht ausschließlich auf diese Elemente einzugehen, sondern einen roten Faden zu finden, der beide Themen, die unterschiedlicher ja nicht sein könnten, unterstützt und verbindet. Außerdem war es wichtig, die Ernsthaftigkeit musikalisch nicht noch mehr zu dramatisieren und damit Gefahr zu laufen, sie zu banalisieren. Auch wäre es falsch gewesen, komödiantische Szenen mit komödiantischer Musik zu unterstützen. Wedels Dialoge sind so gut, dass sie in den meisten Fällen auch ohne Musik funktionieren. Wenn der Humor einer Szene in Wort und Bild nicht vermittelt werden kann, wird es mit komödiantischer Musik mit Sicherheit auch nicht lustiger.

Hat Dieter Wedel Ihnen musikalisch weitestgehend freie Hand gelassen oder wurden Sie zu einem musikalischen Konzept geführt?

Klare Vorstellungen über die Musik gab es weder bei „Papa und Mama“ noch bei Mein alter Freund Fritz. Dieter Wedel zählt zu den Regisseuren, die ihre Filme nicht mit musikalischen Vorschlägen (Temptracks) unterlegen und dem Komponisten somit genügend Freiraum lassen, seine eigenen Ideen einzubringen. Sein musikalischer Input zum Musikkonzept konzentrierte sich auf wenige, aber dafür sehr gezielte und effektive Vorschläge: Eine dieser Vorschläge war beispielsweise die Idee in Papa und Mama, Nat King Cole´s Titel Let there be love als Hauptthema für eine Scheidungsgeschichte zu verwenden.

An welchen Projekten arbeiten Sie momentan? Werden Sie auch wieder den nächsten Film von Bully Herbig Lissi und der Wilde Kaiser vertonen?

Ich arbeite momentan ausschließlich an Lissi und der wilde Kaiser und werde damit wohl auch die nächsten 3 Monate beschäftigt sein. Da es sich um einen reinen Animationsfilm handelt, tröpfeln die fertig animierten Szenen peu á peu bei mir im Studio ein. Sowohl der Film als auch die Musikproduktion machen einen Heidenspaß: der gesamte Score wird mit großem Orchester eingespielt und die Stilistik reicht von herzzerreißenden Streicherportamenti der 50er Jahre bis hin zu ohrenbetäubenden fff-Clustern zeitgenössischer Musik.


Darsteller Maximilian Brückner in Mein alter Freund Fritz

Gibt es ein Genre für das Sie gern oder lieber komponieren?

Ich habe da keine Favoriten. Mir ist nur wichtig, dass ich nicht ständig für das gleiche Genre arbeite. Filmmusik bietet dem Komponisten das Privileg, sich in allen Bereichen der Musik zu tummeln – so gesehen ist jedes Genre eine willkommene Abwechslung und macht genau so viel Spaß wie alle anderen.

Sie haben schon an so mancher größeren Kinoproduktion in Deutschland mitgearbeitet? Könnten Sie sich vorstellen in Hollywood zu arbeiten?

Klar kann ich mir das vorstellen – allerdings würde ich es vorziehen “für” statt “in” Hollywood zu arbeiten. So lange man für interessante Projekte gebucht wird, ist es aber auch egal, wo man arbeitet. Der europäische Film muss sich in diesem Zusammenhang vor Hollywood überhaupt nicht verstecken. Wie gut sich Deutschland im internationalen Vergleich macht, zeigt sich beispielsweise auch an der steigenden Anzahl amerikanischer Komponisten, die für deutsche Produktionen arbeiten.

Herzlichen Dank für das Interview.

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