
Ein Kommentar von Philippe Blumenthal
Ist Gustavo Santaolallas Babel wirklich die beste Filmmusik des vergangenen Jahres? Die Academy of Motion Pictures, Arts & Sciences meint: Ja! Und sie setzt sich damit abermals in die Nesseln der Filmmusikfans, die schon letztes Jahr eher kopfschüttelnd auf den Gewinn Santaolallas für Brokeback Mountain reagierten. Man kann darüber streiten ob Santaolallas Score überhaupt zu diesen fünfen Nominierten gehört. Das Thema ist hübsch, aber im Film selbst, der lang und länger ist, wirklich nicht überaus beeindruckend oder “oscarwürdig”.
Dennoch muss man sich durch den Kopf gehen lassen, wer für den Oscar wählt. Zwar nominieren die einzelnen Branchen wie Kameraleute, Ausstatter und Toningenieure in ihren Sparten die fünf ihrer Ansicht besten Werke. So auch in der Musik. Die Wahl zum Oscar wird dann von der gesamten Academy, also allen Mitgliedern, vorgenommen, deshalb gab es und wird es immer wieder umstrittene Sieger geben.
Ein paar Beispiele:
- 1970: Love Story gewinnt gegen Goldsmith’ meisterhaften Patton
- 1978: Midnight Express von Girogio Moroder gewinnt gegen Superman: the Movie
- 1980: Fame gewinnt gegen Altered States, The Empire Strikes Back und Tess
- 1986: Round Midnight gewinnt gegen Ennio Morricones The Mission
- 1994: The Lion King gewinnt gegen Interview with the Vampire und Forrest Gump
Nur einige Beispiele sicher und nur bis 1970 zurückgeschaut, die zahlreichen Alan Menken Auszeichnungen Ende der 80er und in den 90ern mal völlig aussen vor gelassen, die noch heute vielen die Zornesröte ins Gesicht treiben lässt.
Ehrlicherweise steht für viele von uns schon lange fest, dass der Filmmusik-Oscar wirklich nicht viel Bedeutung hat. Für Santolalla sieht das freilich anders aus. Seine Auftragsbücher werden, wie damals bei Stephen Warbeck, voll und voller. Jetzt nach seinem zweiten Oscar sowieso. Das mag ihm zu gönnen sein. Freilich wird sich in der Zukunft zeigen, ob Santaolalla eine gewisse Varianz in seine Musik bringt und ihn das stramme Filmmusikbusiness halten kann.
Für uns heisst es halt einfach, was soll’s, es sind eben nur die Oscars. Wer’s schaut ist selber schuld und wer’s verschläft, hat nichts verpasst. Filmmusikalischerseits sowieso nicht.