
Biber Gullatz und Andreas Schäfer
Mike Beilfuß:
Der Trend bei Filmmusik für Fernsehproduktionen scheint in letzter Zeit immer öfter in Richtung Teamarbeit zu gehen und die Musik zu Durch Himmel und Hölle ist auch so eine Teamarbeit. Wie seid Ihr beide als Team zusammengekommen bzw. warum habt Ihr euch dafür entschieden bei diesem Film gemeinsam zu arbeiten?
Biber Gullatz und Andreas Schäfer:
Wir haben beide als Theatermusiker begonnen, witzigerweise sogar am gleichen Theater in Frankfurt, wir wissen also schon seit mehr als zwanzig Jahren voneinander, haben allerdings in dieser Zeit nie zusammen gearbeitet. Biber fing schon Anfang der 90er an, auch Filmmusik zu schreiben, Andreas meldete sich irgendwann im Jahr 1999 bei ihm mit der Frage, wie man denn vom Theater den Quereinstieg zum Film bekommt. Wir haben dann ziemlich schnell zwei Filme zusammen gemacht (Zerbrechliche Zeugin von Ben Verbong und – zusammen mit Eckes Malz – Romeo von Hermine Huntgeburth). Aus der gelegentlichen Zusammenarbeit ist mittlerweile eine gute Freundschaft und ein verlässliches und eingespieltes Team geworden.
Dass immer mehr Kollegen im Team arbeiten, mag auch damit zu tun haben, dass es wichtiger wird, Netzwerke zu bilden. Bei uns hat es sich sogar so weit entwickelt, dass ein musikalisches Thema von der einen Werkstatt in die andere gegeben wird und kommt dann in veränderter, weiterentwickelter Form zurück. Das ist sicher nicht selbstverständlich, da Komponieren ja zunächst einmal ein einsamer künstlerischer Vorgang ist.
Wir haben das Gefühl, dass wir zu zweit tatsächlich weiter kommen, wir braten nicht mehr nur im eigenen Saft, das gegenseitige Feedback ist genau so wichtig wie die Bereiche, in denen wir uns ergänzen.
Wie verlief die Zusammenarbeit mit Regisseur Matthias Tiefenbacher? War die Zusammenarbeit mit ihm eng?
Obwohl der Film sehr aufwendig mit temp-tracks versehen war, hat uns Matthias zunächst alle Freiheiten gelassen, ein eigenes musikalisches Konzept zu erarbeiten und hing nicht zu sehr an den temp-tracks. Nachdem wir in einigen gemeinsamen Sitzungen mit ihm die Sprache für den Film gefunden hatten, gab es immer wieder Screenings mit ihm und Produktion und Redaktion. Da haben wir dann alle hart gearbeitet, immerhin ging es um zweimal 90 Minuten Film. Durch Himmel und Hölle war für alle Beteiligten ein wirklich großes und aufwendiges Projekt, da bewegt man sich – auch was die ästhetischen Ansprüche angeht – eher in Kino- als in Fernsehdimensionen.
Was ist das Geheimnis einer gut funktionierenden Teamarbeit zwischen zwei Komponisten?
Man lässt sich sicher nicht von jedem gerne so tief in die eigenen Karten schauen, das muss einfach passen, von daher sind die wichtigsten Voraussetzungen:
Respekt, Vertrauen, Kritikfähigkeit, Zuhören, Neugierde, ein guter Weinhändler.
Außerdem sollte man heutzutage auch technisch auf einem Stand sein, dass ein problemloser Austausch in jeder Arbeitsphase möglich ist. Es ist schon hilfreich, wenn man da etwas Arbeit in die Kompatibilität investiert, in Programme, Setups und so weiter
Andreas Schäfer und Biber Gullatz am Tonpult bei den Orchesteraufnahmen in Babelsberg
War von Anfang an klar, dass Durch Himmel und Hölle eine aufwendige orchestrale Filmmusik bekommen sollte?
Das war von Anfang an klar. Durch Himmel und Hölle ist ja eine große emotionale Story, eine – nicht nur geographisch – weite Reise, da braucht man eben nicht nur funktionale Musik, sondern auch große erzählerische Bögen, die nun mal nach wie vor mit Orchester am besten funktionieren.
Welche filmmusikalisch-dramaturgische Funktion sollte der Song Para Siempre, gesungen von Pat Appleton (DePhazz), erfüllen?
Der Song basiert auf den Harmonien des Hauptthemas. Mag sein, dass das niemandem auffällt und das ist natürlich auch nicht wirklich wichtig. Trotzdem hat es für uns etwas mit der Durchdringung von thematischem Material zu tun, und es ist etwas durchaus wertvolles, wenn die Hauptfigur einen eigenen Song hat, der sie durch den Film begleitet und der nicht nur genial im CD-Schrank gefunden wurde.
Der Film spielt zu einem großen Teil in Argentinien. Ihr habt euch bei der Ausgestaltung der traditionelleren argentinischen Musikelemente (z.B. der Tangoelemente oder der Verwendung typischer Instrumente) aber dennoch erstaunlich zurückgehalten. Ist Eure dezente unaufdringliche Instrumentierung hier bewusst angewendet worden oder hat sich das einfach so ergeben?
Die Landschafts- und Stadt-Panoramen im zweiten Teil sind so toll, dass sie keinen zusätzlichen musikalischen Beleg brauchen. Wir wollten da eher bei unseren Figuren und ihrer Seelenlage bleiben, als womöglich ins Folkloristische abzurutschen. Trotzdem gibt es auch in diesem klassischen Score genug Anklänge an Tango-Melancholie. Wir hatten z. B. wunderbare Sessions mit dem hervorragenden Musiker Christian Gerber, der viele Takes mit seinem Bandoneon bereichert hat.
In Zusammenarbeit des ZDF (www.filmmusik.zdf.de), der Cinema Musica und Alhambra Records erscheint die Musik auch auf CD und ist ab dem 5. April im offiziellen Handel erhältlich. Glaubt Ihr, dass eure Musik unabhängig auf CD gut funktionieren wird?
Eine gute Filmmusik muss nicht immer für sich stehen können, denn Filmmusik hat ja zunächst mal eine dienende Funktion und muss in erster Linie zusammen mit dem Bild einen Sinn ergeben. Durch Himmel und Hölle ist allerdings zu großen Teilen eine epische Musik, die auch große Bögen spannt und für sich stehen kann. Wir hoffen also durchaus, dass diese CD auch ohne die Bilder einen Sinn ergibt.
Werdet Ihr auch in Zukunft zusammenarbeiten? Gibt es ansonsten neue Einzelprojekte bei euch?
Wir arbeiten aktuell am Score für den neuen Film von Hermine Huntgeburth – Teufelsbraten – ein Zweiteiler für die ARD, eine ganz andere Musik als Durch Himmel und Hölle, auch wieder eine sehr schöne und spannende Arbeit. Zwischendurch gibt es auch immer wieder Einzelprojekte und Projekte mit anderen Partnern; wir machen ja recht viele unterschiedliche Sachen, immer wieder auch Theater, Dokumentationen und anderes.
Herzlichen Dank für das Interview!
Links:
Offizielle Seite des ZDF
Music2Movies Hier bekommen Sie auf der offiziellen Filmmusikseite des ZDf viele weitere Infos über die Filmmusik.
Die Homepage der Komponisten