
Warner Bros. [75:50 / 22 Tracks]
Wer am Ende der sechziger Jahre bedient war vom Italowestern, fand im Stammland des Genres wenig Alternativen, denn John Waynes Pferdeopern nach El Dorado (1965) sackten doch merklich ab, derweil die B-Westernproduktion so gut wie eingestellt war. Einzelne gelungene Beispiele, wie John Sturges Hour of the Gun (1967), konnten über die Stagnation nicht hinwegtäuschen. Dann aber kam Sam Peckinpah und drehte 1968 den bisher letzten wirklichen Meilenstein des Genres. The Wild Bunch blieb lange als mäßige Kopie im Verleih, ehe vor ein paar Jahren, die um rund eine Viertelstunde erweiterte, digital gewaschene Widescreenfassung erneut in die Kinos und dann auf den Videomarkt gelangte. Als besonderes Schmankerl gibt es die Laserdisc in zwei Ausführungen; eine zum Normalpreis, und eine mit allerlei Extras ausgestattete für formidable 125,- Dollar. Zu deren sonst nicht erhältlichen Dreingaben gehört eine von Warner Bros. produzierte, nicht nummerierte CD, randvoll mit Jerry Fieldings herausragender Filmmusik, und zwar erstmals die Originalaufnahme in Stereo! Sie würde hier nicht besprochen werden, könnten nicht auch Normalsterbliche in den Besitz gelangen; freilich ist hier nun wirklich Endspurttempo geboten, denn nur der Jungproduzent und Film Score Monthly-Verleger Lukas Kendall (Los Angeles) bietet im Direktversand einen kleinen Stapel an.
Wer Fielding kennt, wird nicht erwarten, in wohlklingende Americana-Watte eingehüllt zu werden. Wie Nick Redmans Booklettext preisgibt, betrieb der Komponist Forschungen betreffs authentischer Folklore in Mexiko, um diese seiner modernistischen Orchestrierung zu Grunde zu legen. Neben filmbedingt direkten Bezügen auf das Ambiente der Handlung schreib er einen wie unter einer Last stöhnenden Score voller trauriger Gitarrenklänge, der mitunter aber auch in Halsbrechermanier voranprescht, die deshalb so besticht, weil ein vielleicht gar nicht auf Action fixierter Sammler in den achteinhalb Minuten von Assault on the Train and Escape bis zur Erschöpfung mitgerissen wird, sich danach aber in der mexikanischen Umarmung des Drinking Song erholen darf. Und die Melancholiker unter uns werden in der finalen Leichenschau nach Peckinpahs Zeitlupengemetzel ihr ganzes Seelenleid tränken: In Dirge and Finale sind die Holzbläser, zärtliche Streicher, Gitarren und ein paar Akkordeonfärbungen die eigentlich überlebenden Chronisten des Dramas.
Ich war nie ein Fielding-Anhänger, aber die neuabgemischte Stereofassung mit ihren wie aus Seitenwinkeln heraustönenden Nebenstimmen und sorgsamer Aufteilung in musikalischen Vorder- Mittel- und Hintergrund hat mir diese großartige, mit Herzblut geschriebene Komposition so erschlossen wie sie es verdient. Ein Prunkstück bedeutender Filmmusik, hier in der wohl definitiven Fassung kurzfristig erreichbar.
Matthias Wiegandt
Bewertung: ★★★★★
erschienen in The Film Music Journal 15 (Sommer 1998)