Werbung

powerflute.ch - Sandro Friedrich Studiomusiker für ethnische Blasinstrumente

Klaus Badelt im Interview

Dominik Rolewicz:
Okay, fangen wir mit TMNT (Teenage Mutant Ninja Turtles) an. Du bist ja ziemlich spät als Ersatz für Marco Beltrami gekommen. Kannst du mir erzählen wie es dazu kam?

Klaus Badelt:
Ich habe vor eineinhalb Jahren einen Film mit Harvey Weinstein gemacht, den er wohl ganz gut fand, und außerdem hat er natürlich von Pirates Of The Caribbean gehört. Was TMNT betrifft wollte er keine allzu düstere und gewalttätige Stimmung, sondern einfach Spaß mit dem Film haben. Deswegen hat er mich dann angerufen und gesagt: „Wir haben nur noch zwei Wochen Zeit, aber willst du das machen?“ Das war der Freitag vor Weihnachten und so kam es dazu.

Weißt du was das Problem mit Beltramis Musik war? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass diese schlecht war und deswegen abgelehnt wurde.

Es ist irgendwie oftmals nicht die Musik, sondern die Kommunikation und andere Sachen, die eine Rolle spielen. Ich habe jetzt nicht gehört was Marco gemacht hat, aber ich bin mir sicher, dass es toll war. Na ja, es war vielleicht nur nicht die Richtung, die Harvey wollte.
Du weißt bei solchen Filmen nie warum das jetzt mal nicht funktioniert und zum Schluss gibt es oftmals nur die Möglichkeit es mit jemand anderem zu probieren. Das passiert Jedem und ist auch nichts Besonderes hier.

Was hat dich letztlich an TMNT gereizt?

Ich hab den Film gesehen und das war von der Animation, vom Licht und der Regie her das Beste was ich in diesem Sektor bisher gesehen habe. Ich habe den Film sogar in HD bekommen und das war von der Qualität einfach unfassbar. Auch vom Filmemacherischen und den Szenen her war’s wie ein richtiger Live Action – Film, so bisschen wie Pirates. Da stimmte einfach alles.

Wie würdest du deine Musik beschreiben?

Vielleicht so in die Richtung „Led Zeppelin trifft auf’s Orchester“, also Classic Rock und Orchester. Eigentlich war es ein Traum für einen Komponisten, weil in der Musik sehr viele japanische, ethnische Einflüsse drin sind. Dann gibt es den Prolog des Filmes, der vor 3000 Jahren spielt, in dem du alte Instrumente verwenden kannst, so dass du vom musikalischen Vokabular her soviel machen kannst, wie du Lust hast.
Auf der anderen Seite war die Idee, vor allem Harveys, dass die Musik moderner klingt. So habe ich dann neben dem Orchester viel Gitarren, Schlagzeug etc., also eine richtige Rockband aufgenommen. TMNT war einer meiner Lieblingsfilme im letzten Jahr. Vom Film her und wie ich die Musik machen konnte, es war oft einfach Rambazamba (lacht). Die Themen haben funktioniert, weil der Film einfach funktioniert hat. Ich hatte wirklich großen Spaß, obwohl wir alle sehr wenig geschlafen haben…mal wieder. Ich habe dann mit der Familie Weihnachten und Neujahr erst im März gefeiert (lacht). Ansonsten war es einfach dufte.

Bei Pirates hast du ja die beiden Fortsetzungen abgelehnt, weil du nicht wieder das Gleiche machen wolltest. Wie wäre deine Entscheidung, wenn es zu einer Fortsetzung von TMNT käme?

Da ich ja so spät bei dem Film angefangen habe und so wenig Zeit hatte, habe ich noch nicht einmal die Oberfläche dessen angekratzt, was ich gerne machen würde. Also hier würde ich gerne noch einmal von Beginn an mitmachen, was für mich praktisch das erste Mal wäre. Ich habe zwar schon meine Themen aus dem ersten Teil, aber du kannst soviel Neues machen, so dass es mir wirklich viel Spaß machen würde. Da der Film hier, und hoffentlich auch in Europa sehr erfolgreich war bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass es eine Fortsetzung geben wird.

Die Vorahnung (OT: Premonition) ist ein weiteres aktuelles Projekt von dir. Wie war in diesem Fall deine Herangehensweise an den Film und die Musik?

Ich muss sagen, dass das ein langer Prozess war. Die Vorahnung war musikalisch ein sehr schwieriger Film. Und zwar hatte ich zu Anfang einen Ansatz, bei dem ich dachte er sei ganz toll, aber dann hat sich auch für mich herausgestellt, dass das irgendwie nicht funktioniert.
Die Geschichte des Filmes ist relativ kompliziert, d.h. du musst dem Geschehen konzentriert folgen und dagegen wollte ich letztendlich mit einer Musik, die man sehr einfach versteht, entgegensteuern. Normalerweise probiere ich eine Musik zu machen, bei der eine spezielle Idee, die dich unterbewusst aufhorchen lässt dahinter steckt. Das habe ich, wie gesagt, zunächst auch probiert, bin davon aber abgekommen und habe was gemacht was genau genommen, ohne sich schämen zu müssen, eine Genremusik ist; einen Thriller, der sehr viel mit Emotionen zu tun hat. Ich habe also relativ traditionelle Sounds genommen. Klavier, Streicher und das war es, also nicht außergewöhnliches. Außerdem spielt der Film in einer amerikanischen Kleinstadt und da kann man keine Synthesizer oder programmierte Drums benutzen. Das passt einfach alles nicht zusammen.

Obwohl du gesagt hast die Musik gehe sehr traditionell in Richtung Thriller ist mir aufgefallen, dass sie in einigen Momenten sehr romantisch, ja fast lyrisch ist. War dir das besonders wichtig?

Danke, das ist schön, dass du das herausgefunden hast. Das war mir sehr wichtig. Die Vorahnung ist ein Thriller, der hauptsächlich von einer Liebesgeschichte angetrieben wird. Wenn man das vergisst, dann ergibt die Spannung keinen Sinn mehr und dann will man, so habe ich das Gefühl als Zuschauer, auch nicht mehr zusehen. Gibt man dem Zuschauer keinen Grund Angst zu haben oder Spannung zu fühlen, dann funktioniert der Film nicht mehr. Spannung als solches, ohne Hintergrund gibt es für mich nicht. Hier war die Beziehung zweier Menschen der Hintergrund, und daher war es relativ schwierig die Balance zwischen dem Emotionalen und den Thrillerelementen in der Musik zu finden.

Für Mennan Yapo, der ja auch aus Deutschland kommt, war Die Vorahnung sein erster Film in Hollywood. Wie kam eure Zusammenarbeit zustande? Hat er dich aufgesucht, du ihn oder war es einfach Zufall?

Ich habe seinen ersten Film Lautlos hier auf einem Filmfestival gesehen und ich fand ihn ganz faszinierend. Ich wusste, dass er mit ganz wenig Geld gemacht wurde. Musste er ja, es war ja ein deutscher Film (lacht) und in Deutschland gibt es ja leider keine großen Budgets. Also mit den geringen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, hat Mennan einen ganz stilisierten und tollen Film gemacht. Da ich ja immer auf der Suche nach neuen Regietalenten bin, natürlich nicht nur deutschen im Speziellen, bin ich dann nach der Vorstellung auf ihn zugegangen und habe ihm gesagt: „Pass auf, wenn du irgendwann mal was machen willst – ich bin hier, also komm einfach vorbei.“
Nun, kurz danach kam er dann auch und brachte das Skript zu Die Vorahnung mit. Ich wusste, dass Mennan einen Film drehen kann, der etwas Besonderes hat und so sind wir letztlich zusammengekommen.

In welchem Maße hat er Einfluss auf die Musik genommen? Ist er ein sehr musikalischer Regisseur, der auch eigene Ideen mit einbringt oder hat er dir komplett freie Hand gelassen?

Mennan ist sehr musikalisch, aber nicht im Sinne eines Musikers. Er hat ein sehr feines musikalisches Gefühl und weiß ganz genau was er will. Gleichzeitig, und das mag vielleicht etwas überheblich klingen, aber das ist um Gottes willen nicht so gemeint, habe ich vielmehr gemacht als er. Die Vorahnung ist ja erst sein zweiter Film, aber so gab es einen sehr guten Erfahrungsaustausch von dem was er sich von der Musik vorgestellt hatte und meiner Erfahrung, was beim Publikum, insbesondere dem amerikanischen funktioniert. Wir haben uns wirklich gut ergänzt während dieser Zeit. Er hat mir während der Zeit sehr viel zugehört und genauso habe ich ihm sehr viel zu hören können, wenn er mit Ideen für die Musik ankam. Es war eine sehr faszinierende Zusammenarbeit und er hat einen ganz tollen Film gemacht.

Ein Film, auf den ich besonders gespannt bin ist Rescue Dawn von Werner Herzog. Kannst du mir zunächst bisschen über die Geschichte des Filmes erzählen?

Es wirklich toll, dass wir hier über drei Filme reden können, die alle sehr verschieden sind und mir persönlich sehr viel gebracht und Spaß gemacht haben.
Als ich den letzten Film mit Werner gemacht habe musste er die Arbeiten daran kurz unterbrechen, um nach Arlington zum Staatsbegräbnis von Dieter Dengler zu fliegen über den er kurz davor eine Dokumentation mit dem Namen Little Dieter Needs To Fly gemacht hatte, die ihn letztlich auch zu Rescue Dawn inspiriert hat. Daraufhin habe ich einfach mal nachgelesen wer dieser Dieter Dengler war und diese knochentrockene Militärbiographie, die es über ihn gab, hat sich besser gelesen als irgendein Skript, das du schreiben kannst.
Die Geschichte ist hochspannend und beinahe unglaublich. Nun, dieser Dieter Dengler wollte immer schon Pilot sein und hat alles Mögliche gemacht, z.B. nach Amerika auszuwandern, um sein Ziel zu erreichen. Bei seinem ersten Flug über Vietnam, kurz bevor der Krieg dort ausbrach, wurde er abgeschossen und geriet in Gefangenschaft. So geht die Geschichte eben über sein Überlebenskampf unter kaum vorstellbaren Bedingungen während der folgenden Monate im Dschungel. Der Film selbst ist in typischer Werner Herzog Manier gedreht, also mit seinem eigenen Tempo und Stil. Gleichzeitig haben wir da Christian Bale als Dieter Dengler und den fantastischen Steve Zahn, die das Erlebte so realistisch rüberbringen, dass man es tatsächlich fühlen kann.
Rescue Dawn gehört definitiv zu den dankbarsten Filmen, bei denen ich mitmachen durfte. Bei Werner ist es nie Underscore, du muss nichts reparieren oder in einer Szene aushelfen. Wenn du Glück hast kannst du zudem was er schon gemacht hat, etwas dazu addieren.

Kannst du vielleicht etwas mehr über die Musik und dessen Konzept erzählen?

Sie ist sehr symphonisch und zurückhaltend, gleichzeitig habe ich auch sehr viel mit Solo Cello und dem Klavier gearbeitet. Es ist eine fast bizarre Kombination, die sehr in die Richtung von Kammermusik geht. Außerdem haben wir über das, was ich geschrieben habe hinaus Musikstücke ausgewählt, von denen sehr viele Avantgarde–Cello Stücke waren, die eine unheimliche Spannung erzeugt haben. Beide Musiken haben sich sehr gut ergänzt. Ansonsten ist es eine sehr thematische und starke Filmmusik. Also stark im Sinne von, dass die Themen auch ausgespielt werden. Oftmals ist sie aber auch sehr sphärisch und erzeugt einfach eine bestimmte Stimmung.
Wir arbeiten übrigens gerade an der CD zu Rescue Dawn, die später bei Milan Records rauskommen soll.

Wenn man dich so über Werner Herzog sprechen hört ist ja fast schon schwärmerisch. Hast du dich daher besonders darüber gefreut, dass er wieder mit dir zusammen arbeiten wollte?

Natürlich! Ich war ja schon geehrt als wir das erste Mal zusammen gearbeitet haben, aber wenn jemand wie er, dann auf dich zurückkommt ist es eine riesige Ehre.
Ich mag das sehr gerne mit Regisseuren solche Beziehungen zu haben, bei denen man sich schon gut kennt und nicht mehr viel miteinander reden muss – weil man schon weiß wie es ablaufen wird. Man ergänzt und vertraut sich dann auch gegenseitig und muss sich nichts mehr beweisen.

Wie man anhand der drei Filme, die wir besprochen haben sieht, kehrt bei dir ja kaum Ruhe ein. Was steht für dich in der Zukunft an? Gibt es da schon konkrete Projekte?

Ich habe eine Hand voll von sehr interessanten Filmen, die zwar alle noch nicht spruchreif sind, aber wenn da nur einer was wird wäre das kreativ gesehen ein unheimlicher Schritt vorwärts für mich. Im Moment konzentriere ich mich sehr darauf was ich schon vor zwei Jahren begonnen habe, nämlich neue Talente, neue Regisseure und interessante kreative Filme zu finden. Daher bin ich sehr oft auf Filmfestivals, wie z.B. zuletzt Tribeca in New York, um einfach interessante Filmemacher kennen zu lernen und zu sehen was die machen. Egal, ob das jetzt ein Kurzfilm oder deren erster Spielfilm ist. So ergibt es sich vielleicht, dass sie dann hierher kommen, um ihren ersten größeren Film zu machen und ich dann mit meiner Erfahrung helfen kann. Ich habe mich auch mit sehr interessanten europäischen Filmemachern, wie z.B. in London oder Paris getroffen.

Wie sieht es mit einem deutschen Film aus? Würde dich das auch reizen?

Aber natürlich. Wenn es ein gutes Skript ist und es ein Film ist, der eine Tragweite hat bei der ich sagen kann, dass ich da etwas beisteuern kann, dann auf jeden Fall. Es ist halt in Deutschland so, dass leider nur alle paar Jahre etwas richtig Gutes rauskommt, und so ist es schwer etwas zu finden.
Es ist aber auch nicht so, dass ich speziell nach europäischen oder deutschen Filmen suche. Mir geht es in erster Linie darum, dass die Geschichte etwas Gehaltvolles hat und ob daraus ein guter Film werden kann. In welchem Land oder mit welchem Budget der Film gemacht wird ist für mich überhaupt kein Kriterium.

Dann bin ich gespannt was die Zukunft so bringt. Danke für das Gespräch.

Das Gespräch führte Dominik Rolewicz