
Rykodisk (24 Tracks; 49:34)
Eine Soundtrack-Rezension zu schreiben, ohne den dazugehörigen Film sehen zu können, gestaltet sich mitunter recht unbefriedigend. Gerade dann, wenn die Musik auf die skurrilen Bilderwelten neugierig macht, die im neuesten Regiestreich von Terry Gilliam zu erwarten sind. Twelve Monkeys und Die Abenteuer von Baron Münchhausen dürften am ehesten einen Eindruck vermitteln, worauf man bei diesem Fantasy-Drama, das laut Gilliam eine Mischung aus Alice im Wunderland und Psycho ist, wohl gefasst sein darf. Leider ist der Film hier in Deutschland weder im Kino gelaufen, noch hat bisher eine deutsche DVD den Weg auf den Markt gefunden.
Der Score, komponiert von Mychael und Jeff Danna, schafft es jedoch definitiv, Fans der genannten Filme auf Tideland aufmerksam zu machen. Die Mutter der 11-jährigen Jeliza-Rose stirbt einen Drogentod, infolgedessen sich der Vater Noah (Jeff Bridges) mit dem Mädchen auf den Weg in seine texanische Heimat macht. Dort haucht auch er auf absurde Weise sein Leben aus und Jeliza-Rose flüchtet sich in eine kuriose Phantasiewelt.
Die verrückten Ideen von Regisseuren wie Terry Gilliam zu vertonen, ohne dabei eingängige Melodien vermissen zu lassen, gelingt den Gebrüdern Danna, die bereits gemeinsam an Celtic Tale und Green Dragon gearbeitet haben, in Tideland zum größten Teil. Zwar wiederholen sich die Themen gerade in der zweiten Hälfte der CD zunehmend in instrumentalen Variationen und manche kürzeren Tracks verkommen durch ihre allein bildunterstützende Funktion zur Bedeutungslosigkeit, an anderen Stellen wiederum darf der Hörer dafür förmlich in der Traumwelt des Mädchens versinken. Unheilvoll und bedrohlich, subtil und mysteriös, dramatisch und melancholisch kommt der Score daher. Akkordeon, Oboe und Klavier vollenden die geheimnisvolle Atmosphäre, die das Orchester, das überwiegend von Streichern dominiert wird, aufbaut. Zwei Songs von Jeff Bridges und John Lee Hooker eröffnen den Soundtrack nicht sonderlich aufregend und spätestens beim dritten Hören der CD spult man zum besseren orchestralen Part vor.
Fazit: Einige Male wünscht man sich konsequenteres und sensibleres Zu-Ende-Bringen der aufgebauten Spannung, anstatt abrupt mit seinen Emotionen allein gelassen zu werden. Länger dauernde Tracks hätten hier durchaus Abhilfe schaffen können und ließen einen nicht von Titel zu Titel hangeln. Besondere Eigenständigkeit kann man dem Score nicht nachsagen, den Film wird er aber grandios untermalen.
Bewertung: ★★★☆
Jan-Arwed Maul