
Concord Records, 0888072301917
(CD 1: 63:43; 17 Tracks; CD 2: 67:07; 19 Tracks)
Im Deutschen wird die Redewendung gern verwendet, welche da lautet: „Egal, ob man etwas tut oder nicht tut – oder in China fällt ein Sack Reis um – ...“. Im umgekehrten Sinne verfährt der Film Babel, der scheinbar unzusammenhängende Ereignisse eben doch in einen globalen Zusammenhang zu stellen versucht. Entsprechend kommt auch die Musik als „global player“ daher.
Gustavo Santaolalla hat darauf reagiert, indem er eben nicht nur die meist im Zusammenhang mit dem Film zitierten, „schönen“ bzw. angenehm zu hörenden Gitarren-Soli schrieb (z.B. Deportation/Iguazo, Hiding It, Morning Pray). Vielmehr stellen letztere sogar den definitiv kleinsten Anteil auf dem Doppel-Silberling dar. Eher tummeln sich auf diesen voll gestopften CDs allerhand lateinamerikanische Gruppen, die mal karnevalistisch lärmend, mal melodischer daherkommen, ebenso wie japanischer Rap und Pop (z.B. Oh My Juliet! von Takashi Fujii) und mittendrin gleich mehrfach Altmeister Rryuichi Sakamoto. Selbiger vertonte Instrumentales ebenso wie Gesang; hierunter befindet sich beispielsweise World Citizen, vom hinlänglich bekannten David Sylvian gesungen. Aber auch den islamischen Ländern entsprungene Klänge finden sich auf den beiden Scheiben, sichtlich dem Wunsch geschuldet, eben international eine Art Rundumschlag durchzuziehen. Zwischendrin sind dann immer Santaolallas Verbindungs-Instrumentals verschiedenster Couleur zu hören, allerdings nicht allein. Vielerlei Hintergrundgeräusche, verzerrte Stimmen, Blechklänge wie aus Transistor-Radios stammend und sonstige „Klangteppiche“ verursachen eine im Film sicherlich wichtige und tragende Geräuschkulisse. Diese ist aber beim reinen CD-Hören eher als anstrengend zu werten.
Generell unterliegt Babel daher bei der Beurteilung der Problematik, dass eigentlich kein Stück wie das andere ist. Funktional greift das, zu bewerten ist es aber sehr schwer. Für Freunde des konzertanten Ansatzes ist diese Veröffentlichung sowieso kaum von Interesse, aber die vielen Freunde von Songs und gefälligen Instrumentals nehmen sicher die bedeutungsschwere Geräuschkulisse in Kauf und überspringen via Tastendruck die kritischen Passagen.
Hiermit wird Babel als interessantes Experiment gesehen, einen Score einmal völlig anders zu mischen, so ganz ohne einen roten Faden, dafür mit vielen bunten Fäden und Fädchen, die einen unübersehbaren Hinweis auf die Vielfalt weltweiter musikalischer Lebensäußerungen verschiedenster Völker darstellen. Warum nicht? Alles in allem erscheint dieser Ansatz von Gustavo Santaolalla sogar authentischer als jedweder andere. Die CDs werden ins Mittelfeld platziert, weil die Einzelqualitäten der Stücke nicht auflistbar sind, das Ganze aber trotz des schwierigen Ohne-Film-Hörens im Film Sinn ergibt.
Bewertung: ★★★
Annette Richter