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Der Untergang (Stephan Zacharias)

Colosseum CST 8097.2 (43:20 / 19 Tracks)

Es ist der Traum und das Ziel vieler deutscher Komponisten Musik für eine Kinoproduktion komponieren zu dürfen. Der Komponist erhält eine wesentlich größere Chance seine Arbeit und sich bekannter machen zu können, als es z.B. das Fernsehen vermag. So wird im Kino nicht nur ein größeres Publikum auf die Musik aufmerksam, sondern auch der ein oder andere Produzent oder Regisseur, der, unter der Vorraussetzung, dass der Komponist seine Chance genutzt und eine gute Komposition abgeliefert hat, vielleicht schon mit dem nächsten Auftrag wartet. Auch die Aussicht einer Veröffentlichung der Musik aus CD ist bei einer Kinoproduktion wesentlich höher und steigert den Popularitätsgrad des Komponisten. Nun sind Produktionen für die große Leinwand aber immer noch rar gesät in Deutschland, und so ist die Freude umso größer, wenn sich einmal die Möglichkeit dazu bietet. Nach Der große Bagarozy (Regie: Bernd Eichinger, 1999) und Late Show (Regie: Helmut Dietl, 1999) kommt der bisher weitgehend eher unbekannte Komponist Stephan Zacharias zu der Ehre, seine jetzt bereits schon dritte Kinoproduktion innerhalb der letzten Jahre begleiten zu können.

Stephan Zacharias, Jahrgang 1956 und Absolvent der Hochschule für Musik in Hamburg, beschreitet bei seiner Komposition zu Der Untergang weitgehend harmlose Pfade. Seine Musik, zumeist mehr in den Hintergrund gerückt, ist Stimmungsmalerei für eine weitgehend triste Szenerie. Die unaufdringliche aber emotionale Funktion der Musik an den entsprechenden Stellen des Filmes ist oberstes Gebot. So sind es z.B. die in Track 4 Im Hof der Reichskanzlei eingebauten bedeutungsschweren Pausen, die den Fluss der einzig vom Piano vorgetragenen Melodie zwar immer wieder bremsen, aber filmisch der ausgestrahlten Ruhe in der Szene entsprechen. Eine sehr schöne Idee in einer gelungen kompositorischen Umsetzung. Einen ähnlichen funktionalen Aufbau hat auch das Titelthema zu Das Spinnennetz (Regie: Bernhard Wicki, 1989) von Günther Fisher. Deutlich weniger gelungen ist hingegen die Adaption des Stückes „When I am Laid in Earth“ aus der Oper Dido und Aeneas von Henry Purcell, das Zacharias für Streicher arrangiert hat und in mehreren Szenen und Tracks erscheint. Im Film wie auf CD lastet auf diesem Arrangement eine unangenehme Bedeutungsschwere, die sämtliches Leid und schmerzvollen Abschied so derartig vordergründig und emotionalisierend hervorheben will, dass man sich viel zu sehr in einem Zustand der gewollten Manipulation wieder findet. Ein Zustand, in dem man sich beim Hören der Musik immer wieder wähnt. Etwas mehr Zurückhaltung hätte hier gut getan.

Trotz aller Kritik hat Zacharias eine respektable Filmmusik komponiert. Leider nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der exzellent gedrehte Film hätte aber ein größeres Potential geboten, und wäre der Komponist immer so subtil wie in der oben beschriebenen Pianomelodie vorgegangen, würde er dies auch ausgenutzt haben.

Eins noch: In Track 14 Der Krieg ist aus drängt sich einem plötzlich das Bild einer Insel im Pazifik auf. Wie das? Die Crescendi der Streicher, der Einsatz des Pianos als Hintergrundrhythmuselement sind doch sehr direkt an das Thema Journey to the Line in Hans Zimmers Score zu The Thin Red Line angelehnt. Dennoch ist Stephan Zacharias eine recht schöne Variation dieses vermutlichen Temp Tracks gelungen.

Bewertung: ★★☆

Mike Beilfuß