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Casino Royale (David Arnold)

Daniel Craig war vor Erscheinen des Filmes der wohl umstrittenste Bond-Darsteller. Ein eigens eingerichtetes Internet-Forum diente sogar dazu, die Stimmung gegen den Schauspieler aggressiv anzuheizen. Craig, der aussieht wie eine Mischung aus Karl Malden und Steve McQueen hat allen Unkenrufen zum Trotz eine gute Figur gemacht. Zu Beginn grobmotorisch und brutal, gewinnt er in der zweiten (und langweiligeren) Filmhälfte Profil und Charakter. In Casino Royale soll kein typischer „Rettet die Welt“-Bond gezeigt werden, sondern es geht darum, die Geschichte Bonds vor seinem 007-Status zu erzählen und eine neue Bond-Staffel einzuläuten.

Eine echte Sensation ist das Scoring: David Arnold (Komponist), Nicholas Dodd (Dirigent und Orchestrator) und Robert Playford (Sounddesign, Programmierung) durften als bewährtes Team den neuen Bond vertonen. Die James Bond-Signatur spielt hier erstmalig eine untergeordnete Rolle; diese wird meist nur angespielt oder so variiert, dass sie als solche nicht mehr auffällt. Nach Einlegen der CD eröffnet die Komposition mit einem musikalischen Dampfhammer: African Rundown lässt es gewaltig rumpeln. Der Cue wurde in Anlehnung an Klaus Badelts Time Machine entwickelt. Hierzu vergleiche man African Rundown [1:33] mit Morlocks Attack [z. B. ab 2:31]. Beide Stellen sind praktisch identisch. Der Unterschied: Bei Badelt klingts nach Synthi; bei Arnold stylish und hart orchestriert. Wuchtig-wuchernd wie man es von ihm gewohnt ist; tiefste Bass-Granaten, bei denen gelegentlich die Schnappatmung einsetzt; dissonante Blechbläserfetzen wechseln sich ab mit hektischem Streicherstakkato und auch sonst gibt’s nur vom Feinsten: Magengruben-Percussioncrash [3:30] gefolgt von dissonantem Akkord. Ab 4:08 dann zwei Noten Staccato-Figur über farbigem Percussion-Satz. Beschreiben kann man das schwerlich; man muss es einfach gehört haben. Durch African Rundown besteht bei diesem Bond-Scoring echte Suchtgefahr! Wer den Cue einmal gehört hat, wird hier noch öfter zuschlagen und den Lautstärkeregler feierlich nach rechts wandern lassen.

Dies ist aber noch nicht alles: Nachdem James Bond vom Grobian zum Frauenparkplatzbesetzer mutiert ist und sich in das Bond-Girl Vesper verliebt hat, geht es auch in der Musik romantisch zu. Anders als bei The World Is Not Enough, wo Arnold das sinnliche Electras Theme mit Paranoia belegen musste, ist Vesper frei von Ambivalenz; dafür aber eingängig und bezaubernd. Weitere Pluspunkte: Üppige Laufzeit in exzellenter Klangqualität und das ohne den Bond-Song. Da gibt es nichts zu meckern! War eh kein Platz mehr auf der Scheibe. Fazit: Über Casino Royale und Daniel Craig lässt sich trefflich fabulieren. Der Diebstahl bei Badelt ist plump (das kann Arnold normalerweise besser). Aber wenn Time Machine als Temptrack diente, sei es ihm verziehen. Das beste Bond-Scoring aus Arnolds Feder. Definitiv!

Bewertung: ★★★★☆