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The Village (James Newton Howard)

Hollywood Records 5050467-4883-28 (42:27 / 13 Tracks)

Warum hat dieser Film James Newton Howard dazu inspiriert nicht nur eine der musikalisch geschlossensten, sondern auch eine der besten Arbeiten seiner Karriere zu komponieren? Der Hauptteil der filmischen Handlung spielt in einem von Wald eingeschlossenem Dorf, das die Bewohner nicht verlassen dürfen, weil sie sonst die im Wald lebenden Wesen verärgern würden.

Es ist die wunderbare Kameraarbeit eines Roger Deakins, die es schafft, jene kammerspielartige Atmosphäre von Eingeschlossenheit genauso zu visualisieren, wie sie die Sehnsüchte der Protagonisten nach Freiheit und Offenheit in Panoramabilder des Dorfes und seiner Landschaft umzusetzen weiß. Diese Mischung aus Freiheit und Weite in den Vorstellungen einiger der Bewohner und der realen aufgezwungenen Enge und Intimität des Ortes, lässt viel Raum für Phantasie und Symbolik. Jener Raum ist es auch, den James Newton Howard mit einer solch sensiblen und zurückhaltenden Musik zu füllen weiß, wie es wohl kaum einer von ihm erwartet hätte. Zwar fehlt auch in The Village, gerade in den mit Thrillerelementen versehenen spannenden Filmszenen, das sounddesignerische Gepolter nicht, das Newton Howard noch bei fast jeder Komposition aufgefahren hat; aber angesichts der thematischen Vielfalt, der filigranen Ausarbeitung der Themen, fällt das kaum störend ins Gewicht.

Im Gegenteil: Ist es doch gerade jener musikalische Unterschied zwischen Gepolter und Intimität, in der sich die Situation der Protagonisten widerspiegelt. Dass die Intimität letztlich das Gepolter besiegt, findet auch seine nachhaltige Entsprechung in der Aussage des Films. Violine, Klavier und Flöten sind die musikalischen Stellvertreter der intimen Momente des Films: In Track 2 What are you Asking me? setzt das Klavier die rhythmisch begleitenden Akzente für das wunderschöne in der Violine einsetzende Liebesthema. Einfühlsam schmiegt sich das Orchester in das Thema, drängt das Klavier vollends in den Hintergrund und bereitet schon hier den Weg für die anschließend einsetzenden Nebenthemen. Die Vermischung des Hauptthemas, welches noch einmal innerhalb dieses Tracks erscheint, mit den Nebenthemen ist auch Ausdruck der starken Symbolhaftigkeit mit der Newton Howard arbeitet. In den Nebenthemen setzen außerdem die so prägnanten Holzbläser ein, welche den gesamten Score mit einer klangfarblich warmen Note überziehen und die der manchmal aufschimmernden Behaglichkeit des Ortes und der Menschen entsprechen. In Track 9 Race to Resling Rock kommt im Zusammenspiel von Harfe, Flöten und Streichern soviel Wärme, Ruhe und Behaglichkeit zum Ausdruck, dass sie sich nicht nur in der wunderschönen Szene im Film auf den Zuschauer überträgt, sondern ihre nachhaltige Wirksamkeit auch beim späteren Hören der Musik auf CD nicht verliert.

Ich würde mir wünschen, dass James Newton Howard in Zukunft öfter die Chance erhält, Musik von solch lyrischer Schönheit und musikalischer Geschlossenheit zu komponieren. Es ist aber auch M. Night Shyamalan, das wohl momentan größte Regietalent Hollywoods, der seine Mitarbeiter zu meisterhaften Leistungen anspornt und von dessen Brillanz letztlich nicht nur James Newton Howard profitiert, sondern auch die Hörer eines der besten Hollywood-Soundtracks der letzten Jahre. Es ist zu hoffen, dass sich nun endlich andere Regisseure ebenso dazu durchringen, ihren Komponisten die Chance zu geben wieder Musik zu komponieren, die nicht nur durch vordergründiges Sounddesign Aufmerksamkeit erheischen will, sondern sich durch mehr kompositorische Intelligenz auszeichnen darf. The Village ist hoffentlich ein Anfang und keine Ausnahme.

Bewertung: ★★★★☆

Mike Beilfuß

erschienen in The Film Music Journal 33/34 (Frühling 2005)