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Chocolat (Rachel Portman)

Sony Classical SK 89472 (41:49 / 18 Tracks)

Seit ihrem Oscar 1995 für Emma hat Rachel Portman es geschafft sich unter den ganz großen der Filmmusik zu etablieren und zu einer der gefragtesten Komponistinnen auch in den USA aufzusteigen. Die Zusammenarbeit mit dem schwedischen Regisseur Lasse Hallström scheint für die Britin ein besonderer Glücksfall zu sein. Nach der verdienten Oskarnominierung 2000 für The Cider House Rules folgte in diesem Jahr wieder eine Nominierung unter dem gleichen Regisseur für Chocolat. Der Erfolg dieser Zusammenarbeit lässt sich vielleicht damit erklären, dass Rachel Portman als Komponistin genauso einfühlsam und emotional ist wie Lasse Hallström als Regisseur. Auch der sehr melodische, manchmal verspielte Kompositionsstil ergänzt sich perfekt mit der sehr direkten, geradlinigen Inszenierungsweise des Filmemachers.

Nun ist aber eine Oskarnominierung gerade in der Sparte Filmmusik leider nicht immer der zuverlässigste Qualitätsmesser und ich persönlich frage mich, warum ausgerechnet eine der belanglosesten und langweiligsten Filmmusiken, der von mir ansonsten hochverehrten Komponistin, zu dieser Ehre kommen konnte. Gleichzeitig und mir unverständlich ist der Soundtrack auch kommerziell ein großer Erfolg, schaffte er es doch, erstaunlich für eine CD mit einem fast reinem Scoreanteil, unter die ersten 20 der Charts.

Arrangements von Django Reinhardts Minor Swing zu Beginn und Duke Ellingtons Caravan am Ende der CD umrahmen 16 Tracks einer mal verspielten, mal atmosphärischen, vor allem aber einer recht langweilig dahinplätschernden Filmmusik. Die Main Titles in Track 2 erinnern mit Harfe, Streicher und Flöte unzweifelhaft schon in den ersten Sekunden an Rachel Portmans Komposition zu Emma, ohne allerdings jemals deren Leichtigkeit und Verspieltheit zu erreichen – es wirkt ziemlich uninspiriert und wie bei sich selbst abgeguckt.

Nicht das man mich missversteht: es ist schon alles recht gefällig und durchaus auch schön an dieser Musik, und für jemanden der Mrs. Portman zum ersten Mal begegnet sicherlich ein anderes Erlebnis – kennt man jedoch das Werk schon, wirkt die ganze Komposition doch sehr einfallslos und ermüdend. Die beiden besten Tracks sind noch die ethnisch angehauchten Vianne Sets Up Shop ( Track 4 ) und Party Preparations ( Track 11 ), in denen mit Gitarre und phantasievoll eingesetzten Holzbläsern lateinamerikanische Musik atmosphärisch und rhythmisch gekonnt nachgeahmt wird.

Der Rest auf dieser CD wird dominiert von Streichern und Holzbläsern, ist atmosphärisch, oft zwar fröhlich, aber genauso oft auf eine sehr merkwürdige Art auch irgendwie bedrückend
( z.B. durch die Flöte und den langsamen Rhythmus in Track 3 ), ab und an taucht das Klavier im Orchester auf und irgendwann schließen sich meine Augen wie von selbst und ich bin sanft entschlummert …
In wachem Zustand frage ich mich aber, warum nicht Rachel Portmans brillante Komposition zu Robert Redfords verträumt-schönem The Legend Of Bagger Vance (siehe Heft 25; danke Uwe Sperlich für die tolle Rezension – du hast mir aus der Seele gesprochen) in diesem Jahr die Oskarnominierung erhalten hat. Aber die Jury und die Filmmusik – das war schon immer ein schwieriges Kapitel.

Mike Beilfuß

★★☆