
Walt Disney 689924 [43:39 / 15 Tracks]
Musik komponiert von Klaus Badelt, Score „overproduced“ von Hans Zimmer, so heißt es auf dem Backcover. Tatsächlich wirkten mindestens zehn verschiedene Komponisten (Köche ?) an diesem Klangbrei mit. Der Produzent Jerry Bruckheimer hatte so viel Angst vor einem neuerlichen Genreflop, dass er gegenüber der Öffentlichkeit stets betonte, es handle sich bei Pirates of the Caribbean keineswegs um einen Piratenfilm; gleichwohl verweisen die Settings und viele Einzelideen auf prominente Genrestreifen wie Crimson Pirate. Für die Musik gilt das allerdings nicht, denn die kommt auf der Basis bekannter Vorgaben des Hauses Media Ventures daher. Das gilt sowohl für den thematischen Haupteinfall wie auch die alles übermannende Elektronik, die wieder einmal kompositorische Substanz ersetzen darf. Zwischendurch wird die Dynamik auch mal unterhalb des fortissimo eingehängt, so in Track 6, einer Art Atempause, ehe dem Hörer die nächsten synthetischen Enterhaken um die Ohren sausen.
Nun ist man es zwar von den CDs der Zimmer Factory gewohnt, die hektisch aufgepumpten Synthie-Stücke unverzüglich auszublenden, um zum nächsten thematisch durchwirkten Cue zu gelangen. Allerdings ist es um das Thema in diesem Fall auch nicht sonderlich gut bestellt. Es gleicht einem industriell geformten und panierten Stück Fischfrikadelle. Die Melodie wird schon bei ihrer Exposition in Track 2 so unbarmherzig ins metrische – Korsett gezwängt, dass sie nie zur Entfaltung gelangt und bei ihren späteren Reprisen penetrant wirkt.
Pirates of the Caribbean belegt auf eindrucksvolle Weise, dass das Bild vom romantisch-einsamen Künstler zumindest im Hinblick auf die Bewertung aktueller Filmmusik zu vermeiden ist. Die MV-Leute haben es verstanden, unter Zimmers Führung einen eigenen Sound zu kreieren, der in seiner Simplizität rasch adaptierbar ist und es erlaubt, Filmmusik nicht mehr
nach Maßgabe individueller Handschrift zu schaffen, sondern als Teilhabe am ökonomisch motivierten Kollektiv zu liefern. Zu beurteilen ist also nicht mehr eine kompositorische Leistung, sondern die Fähigkeit, vorgeformte Musik zu erzeugen, die zu einem finanziellen Erfolg das ihre beiträgt. Aktuellen Notizen zufolge ist letzterer aber so groß, dass Zimmer nun seine Partner zur Seite schiebt und das Firmengelände verlässt. Die Regenbogenpresse bleibt am Ball.
Bewertung: ★★
Matthias Wiegandt
erschienen in The Film Music Journal 31/32
Links:
Cinema Musica-Rezension: Pirates of the Carribbean: Dead Man’s Chest
Cinema Musica-Rezension: Pirates of the Carribbean: At World’s End
Cinema Musica-Interview: Klaus Badelt