
Alhambra A 8962 [65:57 / 10 Tracks]
Man kann John Elborg von Alhambra und dem Komponisten Rolf Wilhelm nicht genug danken. Sie ermöglichen dem Filmmusik-Sammler einen ungewöhnlichen Einblick in das musikalische Lebenswerk eines Komponisten. Rolf Wilhelm sichtet noch einmal seine musikalischen Werke und trennt die Spreu vom Weizen. Er beschränkt sich dabei auf das Wesentliche oder fügt einzelne Filmmusiken in kleine Suiten zusammen. So ergibt sich ein fast konzertantes Hörerlebnis. Der vorliegende vierte Teil der voraussichtlich zehnteiligen Rolf Wilhelm Sammlung beginnt mit zwei Romanverfilmungen zu literarischen Vorlagen von Thomas Mann. „Das Leben des Tonsetzers Adrian Leverkühn“ ist der Ausgang für den Film Doktor Faustus. Im Roman gibt Thomas Mann explizite Vorgaben für die Musik. Zentraler Gedanke sind Werke von Benjamin Britten („Sinfonia da Requiem“, „Sommernachtstraum“). Rolf Wilhelms Aufgabe bestand darin, bis zum „Teufelsversprechen“ alle Musik zu schreiben. Danach wird fast ausschließlich die Musik von Benjamin Britten verwendet. Rolf Wilhelms Komposition ist sehr anspruchsvoll und umfasst Zwölftontechniken wie auch mittelalterliche Musik. Neben dem im Eröffnungstrack verwendeten Countertenor (Falsettsänger) erklingt bei der Vertonung eines Gedichts von Clemens Brentano eine an Gustav Mahler erinnernde Weise.
Im Gegensatz zur LP Veröffentlichung der Filmmusik zu Tonio Kröger fügt Rolf Wilhelm die Musik in zwei Suiten neu zusammen und ergänzt sie um bisher unveröffentlichtes Material. Die erste Suite beinhaltete beschwingte Musik für die Künstlerfeste um die Jahrhundertwende. So erklingt neben walzerhaften Themen auch die frivole Musik im Stile von Offenbach oder Rossini. Die zweite Suite ist für mich dagegen viel ansprechender, weil hier elegische und melancholische Musik die Einsamkeit des Protagonisten und die Suche nach dem Sinn des Lebens untermalen. Auch in den Suiten zu den Filmen Rosamunde und Die weiße Stadt bringt Rolf Wilhelm ansprechende Musik zu Gehör, ehe sie mit dem furiosen Finale des Sciene Fiction-Films Zahnschmerzen ihren Höhepunkt erreicht. Üppige Streicher und treibende Rhythmik untermalen den beklemmenden Alptraum und die Fiktion, dass die Nazis den 2. Weltkrieg gewonnen und halb Europa besetzt haben.
Störend finde ich einzig den fast kammermusikalischen Ausklang der Musik zu dem Film Kennwort: Reiher. Stilistisch passt die Musik nicht zum Rest der CD und sie wirkt auf mich eher wie ein Fremdkörper; etwas, das man nachträglich eingefügt hat, um die Laufzeit zu verlängern.
Bewertung: ★★★★
Bernd Klotzke
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Alhambra Records