
FSM Vol. 6. No. 9 [59:58 / 23 Tracks]
Americana as Americana can – schnelle Tempi im fröhlich-forschen Dur eröffnen das Spektakel! Man muss sich hier einmal mehr fragen, was zuerst da war: Huhn oder Ei, Americana oder Moross, denn mittlerweile steht das eine für das andere. Und das hört man heraus! Durch seine wahrlich intensive Verwurzelung in der amerikanischen Folk Music und den engen Verbindungen zur Musik Aaron Coplands scheint es fast logisch, “An American Tale” – wie das Booklet den Stoff von Mark Twain nennt – im kompositorischen Wirken von Moross zu finden.
Nach den schnellen orchestralen Staccato-Einstimmungsklängen in Dur, die bereits deutlich für den titelgebenden jugendlichen Sympathieträger sprechen und vor Optimismus nur so sprühen, entwickelt sich das andere, von der Rezensentin favorisierte Thema. Hierbei handelt es sich um ein langsames, rhythmisch gemächliches Motiv, das stets für die gewaltigen Wasserläufe eingesetzt wird (Track 1, 2. Hälfte: Hannibal, Missouri, Track 5: Starting Down the River, u.v.m.). Es besteht aus auf und ab laufenden Patterns, gespielt von tiefen, warmen Bläsern, die von den Streichern oben begleitet werden, die das halb so schnelle Melodiemotiv genussreich tragen. Es gibt durchaus Referenzen zur Big Muddy aus The Big Sky.
Auch dem Jazz trägt Moross Rechnung, indem immer mal wieder ein kurzes Klarinettenmotiv oder eines mit gestopfter . Trompete eingesetzt wird (Track 8: The Blessiug/Huck Huntes the Gold/ Huck Gets the Gold/Huck Hides the Gold; Track 9: The English Uncles/On the Raft; Track 13: Back to the River/Carmody’s Circus u.a.). Oft wird dabei der Lead Song intoniert. Dieser titeltragende Song Huckleberry Finn wird mehrfach im Score angespielt. Er entstammt der Feder von Burton Lane und Alan J. Lerner. In den Bonus Tracks finden sich neben der echten Filmversion des Main Titles auch verschiedene Demo-Versionen des Songs mit jeweils anderen Sängern, aber der Boxer Archie Moore, der den entlaufenen Sklaven Jim – Hucks Begleiter – im Film spielt, wurde schlussendlich selbst ausgewählt. Der Song und seine Melodie passen recht gut zum Gesamtkolorit; nicht zu übertrieben “südstaatenmäßig”, auch nicht zu jazzig, sondern eher nüchtern-authentisch für die gesanglichen Situationen, in denen Huck und Jim auf dem Floss oder bei ihren Abenteuern agieren. Er taucht, wie gesagt, mehrfach stark abgewandelt und von Moross sehr gut platziert mitten im Score wieder auf. Ein weiterer Song, ,I’ll wait for you by the river wird von einer Dame intoniert, Dolores Hawkins.
Das Booklet ist wie üblich bei FSM hervorragend, voller schöner Standbilder und einiger Anekdoten. Es verbleibt noch hinzuzufügen, dass es sich hierbei um eine sehr angenehme Scheibe handelt. Trotz wirtschaftlich schlechter Zeiten sollte man – nolens, volens – eher zugreifen!
Bewertung: ★★★★
Annette Richter
erschienen in The Film Music Journal 31/32