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The Blue Bird (Alfred Newman)

SAE-CRS-0009 [79:12 / 20 Tracks]

Was The Wizard of OZ für MGM war, das sollte The Blue Bird (nach einem Buch des Belgiers Maurice Maeterlinck) für die Fox werden. Der Film handelt von einem Mädchen, das zusammen mit seinem kleinen Bruder und zwei Haustieren (Hund und Katze) die Tiroler Heimat verlässt, um sich in einem Märchenland auf die gefahrvolle Suche nach dem sagenhaften, glückbringenden Blauen Vogel zu machen. Wie Oz beginnt der Streifen in schwarzweiß und wechselt, wenn die phantastische Reise beginnt, zu Technicolor. Da ihm jedoch der Erfolg versagt blieb, war er mitverantwortlich für das Ende der Bilderbuch-Karriere von Shirley Temple.

Für Alfred Newman war The Blue Bird einer der ersten Aufträge als frischgebackener musikalischer Direktor der Fox. Weil er parallel dazu einige Arbeiten für andere Studios laufen hatte, sollen ihm für den satten 80-Minuten Score ganze zehn Tage zur Verfügung gestanden haben. Wenn das stimmt, war es wohl nur möglich, weil ihm eine ganze Schar von Arrangeuren und Orchestratoren – neben Edward Powell bekannte Namen wie David Buttolph, David Raksin und Conrad Salinger – über das normale Maß hinaus unter die Arme gegriffen haben. Anhand der Bilder im Booklet schließt man beim Film auf eine Art «Heidi im Wunderland», und die oft alpin wirkende Musik bekräftigt diese Vermutung. Der verspielte und stimmungsreiche Score enthält eine ganze Anzahl wichtiger Themen. Alleine schon für die Temple gibt es zwei Motive, ein niedliches und ein zickiges, wobei das Good Mytyl Theme deutlich überwiegt. Der Blaue Vogel wird zum einen mit einem glückseligen Thema bedacht, zum anderen mit munterem Orchester-Gezwitscher. Von Bedeutung sind auch das mystische Light für hohe Solovioline, Harfe und Celesta sowie das sorglose Kingdom of the Future. Und dann sind da die Motive für die tierischen Begleiter: Der ängstliche Hund Tylo muss sich plumpe und leicht spöttische tiefe Bläser gefallen lassen, die elegante Samtpfote Tylette erkennt man in den miauenden Streicher-Glissandi. All diese Themen werden im zauberhaften zehnminütigen Awaking in Technicolor/Tylo and Tylette on two Legs/Search for the Blue Bird zusammengefügt, wo sie teilweise interagieren.

Nun ist die Gefahr groß, dass bei einer solchen Geschichte die Musik – besonders wenn sich auch noch Kinderchöre und eine jodelnde Shirley Temple dazugesellen – eine tüchtige Portion Sirup abbekommt, und in der Tat ist The Blue Bird nicht davor gefeit. Die farbenfrohe Gestaltung verhütet jedoch das Allerschlimmste. Und es sind schließlich auch noch aufregende und bedrohliche Situationen zu meistern. So sorgt ab und zu ein gespenstischer Frauenchor für Gänsehaut, und er unterstützt auch effektvoll das hochdramatisch lodernde Orchester in Forest Fire. Hier ist vom Genuss über Kopfhörer abzuraten, ansonsten sind glühende Ohren nicht auszuschließen. Der Klang der 63jährigen Aufnahme ist erstaunlich frisch, und wie immer bei SAE liegt der CD ein liebevoll gestaltetes Booklet bei. Allen, die noch ein wenig das Kind in sich spüren, sei dieser Score herzlich empfohlen.

Bewertung: ★★★★

Andreas Süess

erschienen in The Film Music Journal 31/32