
Disques Cinemusique 108 [52:22 / 24 Tracks]
Es war 1994 oder 1995 da saß der Rezensent dieses Artikels vor dem Fernseher, ließ den Videorekorder mitlaufen und sah im Privatfernsehen bei Sat 1 einen Film über die Auswirkungen der “Französischen Revolution” in der Bretagne am Lebenslauf einer adligen Familie: Chouans!. Ein großartiges Epos und Spätwerk von Regisseur Philippe de Broca. Nun war für mich nicht allein das Sonderbare, dass auf Sat 1 auch mal ein guter Film läuft, sondern vor allem das mich plötzlich etwas interessierte, was mir vorher nicht mal oder kaum aufgefallen ist: die Filmmusik. Bis heute, gut zehn Jahre nach dieser filmmusikalischen Initialzündung, musste die Videokassette etliche Leiden durchstehen: zurückspulen, laufen lassen, anhalten und wieder zurückspulen. Ich konnte zusehen wie die Bildqualität immer schlechter wurde, so oft habe ich ihn mir angesehen, um nur immer wieder diese Musik zu hören. Leider musste ich das, denn es gab zwar eine Veröffentlichung auf CD, aber die war längst vergriffen und unbezahlbar geworden. Doch nun endlich, endlich darf ich sie in Händen halten: die längst überfällige Wiederveröffentlichung der famosen Musik von Georges Delerue. Der Musik, die daran Schuld ist, dass nicht wenig Geld sich in eine überbordende Filmmusiksammlung verwandelt hat und, dass sie jetzt hier diesen Jubelartikel lesen.
Dass Georges Delerue einer der größten und einflussreichsten Filmmusikkomponisten aller Zeiten ist, daran dürfte kein Zweifel bestehen. Er ist der unangefochtene filmmusikalische Hauptvertreter des französischen Kinos für beinahe 30 Jahre; der Repräsentant der “Nouvelle Vague” ebenso wie des Kommerzkinos. Teilweise jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Truffaut und Godard, oder aus der Hollywoodepisode mit Bruce Beresford und Oliver Stone, widerspiegeln die Achtung vor diesem großen Meister (aber Stefan Schlegel hat das ja schon alles in seinem großen Artikel über Georges Delerue in der Ausgabe des “Film Music Journal Nr. 26/27” so wunderbar beschrieben).
Chouans! entstand 1988 und ist die letzte Frucht einer ebenfalls jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit Regisseur Philippe de Broca. Die Musik bietet alles, was ein Epos so großen Ausmaßes braucht: opulente Streicher und wuchtiges Blech auf der einen, barockes Cembalo und eine mal sensible, mal verspielte Flöte auf der anderen Seite. Und ehe ich mich in einer Beschreibung dessen verliere, was ich nicht mal im Ansatz angemessen beschreiben kann, lege ich die CD ein und schicke meine Videokassette endlich in den verdienten Ruhestand.
Bewertung: ★★★★★
Mike Beilfuß
erschienen in The Film Music Journal 31/32