
DRG Records DRG 19051 [41:02 / 13 Tracks]
Schwungvoll, prächtig, umfassend: Elmer Bernstein hat einem historischen Teil des Piratengenres eine Krone aufgesetzt! Bereits das Prelude führt in die verschiedenen Themen und Motive ein, die ganz prächtig in die dargestellte Zeit passen. Der Film selbst, der die abenteuerlichen Lebensumstände des Piraten Jean Lafitte (Yul Brynner) und seinen Kampf gegen die Amerikaner (Charlton Heston als General Andrew Jackson) und diverse Verräter sowie um die Liebe verschiedener Frauen zeigt, ist ein Remake und war das Regie-Debüt von Anthony Quinn, der im Original noch mitspielte. Entsprechend den Statuten der so genannten “Spät-Piratenfilme” sollte hier stärker psychologisierend vorgegangen werden. Es geht nicht mehr um reine Abenteuerlust, sondern um vernunftbedingte Entscheidungen und teilweise fast verkrampft moralische Schritte, die aber meist zu noch grausameren Entscheidungen führen. So vermerkt die Filmliteratur: “ … Yul Brynner kann dem Abenteuer nicht mehr lachend begegnen … “ (rororo: “Grundlagen des populären Films”, Programm Roloff und Seeßlen, 1983).
Gottlob ist all dies der hoch differenzierten Musik nicht anzumerken. Die mitreißenden Motive tragen einen durchaus auffälligen touch von Brahms im Stile seiner 2. Symphonie (z.B. in Honest Dominique and The Lady and the Pirate sowie Lovers United) und wirken bis auf wenige, die Handlung tragende Para-source-Musiken (Beginn von Track 2: Gitarrenbegleitetes Akkordeon für Hafenmusik in Honest Dominique and The Lady and the Pirate, Track 10: Dudelsack in Battle at New Orleans, Track 11: kleine Streichergruppe in der Polka) meist mitreißend großorchestral und streckenweise wuchtig, aber in den romantischen Passagen nie süßlich, sondern auch hier schwelgerisch und für sich einnehmend. Die verschiedenen Melodiemotive werden auch von unterschiedlichen Instrumenten ausgeführt; besonders wenn bei den “Attacken-Musiken” das Hauptmotiv in die tiefen Bläser übergeht, um erneut von den höheren Streichern zurückerobert zu werden und schließlich von einem dritten Melodiestreich abgelöst zu werden, kann man als Hörer nur noch begeistert sein. Überhaupt erscheint der Score so reich wie selten bei Bernstein, und gerade hierbei wird die Genialität des Komponisten wieder klar, dessen Western-Musiken doch mindestens ebenso eingängig sind – er zitiert sich nicht selbst, obwohl die zackigen, von den Trompeten mit Streichern ausgeführten Fanfarenmotive durchaus dazu verführen könnten. Anstelle dessen schafft er mehrfach Neues, greift jedoch am Anfang des Scores angedeutete Motivfragmente wieder auf und entwickelt sie bzw. gibt ihnen unterschiedliche Färbungen. Auch dies verleiht der Scheibe den Charakter eines zu Ende geführten Bogens, die gesamte Musik ist “aus einem Guss”. Daher sei hier nicht viel mehr verraten, sondern eher der alsbaldige Kauf anempfohlen. Diese Scheibe gehört in jedes ordentliche Filmmusiksammlerregal!
Bewertung: ★★★★★
Annette Richter
erschienen in The Film Music Journal 31/32