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Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull

R: Steven Spielberg
D: Harrison Ford, Karen Allen, Cate Blanchett, John Hurt
Musik: John Williams

Film: ★★★☆
Musik im Film: ★★★★

Zunächst mal Vorsicht: Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte nicht weiterlesen! Die Kritik enthält den ein oder anderen Spoiler, der die Handlung des Films beschreibt.

Wenn man sich wie ein Kind auf eine Fortsetzung einer Filmreihe freut, hat man dementsprechend hohe Erwartungen. Das war damals bei der Star Wars Weiterführung schon so und ist bei Indiana Jones nicht anders. Beide Filmreihen strahlen für mich eine besondere Magie aus, auch wenn nicht immer alles Gold war was glänzte. Klar spreche ich damit die in einigen Teilen doch enttäuschenden Star Wars Prequels an.

Für Indiana Jones 4 hat man sich viel Zeit gelassen, diverse Drehbuchentwürfe geschrieben, verworfen, umgeschrieben, neu geschrieben, immer wieder angekündigt und dann doch verschoben. Was nun auf der Leinwand zu sehen ist, heisst Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull und verlegt die Abenteuer des schlagkräftigen Archäologen in die 50er Jahre. Das passt durchaus, immerhin ist Mr. Ford um einige Jährchen älter und es wäre peinlich gewesen, wenn man das merklich zerfuchte Gesicht in die 40er Jahre zurückversetzt hätte. Nun haben wir also nicht mehr die Nazis als Erzfeind, nein, es sind die Vertreter des Kommunismus, der aufkommende Kalte Krieg und die Paranoia die darob in den USA entstanden ist.

Indiana Jones bekommt es gleich zu Beginn mit einer Horde Soviets zu tun, die auf der Suche nach einem geheimnisvollen Schädel sind und Indy und dessen Kumpel Mac in die ominöse Lagerhalle 51 entführen, um den Schädel zu lokalisieren. Natürlich gelingt es Indiana Jones, der knallharten, säbeltragenden Irina und ihrer Truppe zu entkommen, dabei gerät er allerdings in die Mühlen des FBI, die zu jener Zeit ganz scharf auf alle sind, die mit den Roten irgendwie in Berührung kommen. Zusammen mit Mutt, einem Lederjacken tragenden Motorradfreak, damals abschätzig Rocker genannt, fliegt er nach Südamerika um dem Geheimnis des kristallenen Schädels auf die Spur zu kommen, den sich Irina unter die Krallen gerissen hat um damit dem Kommunismus zur endgültigen Weltherrschaft zu verhelfen.

So dann sah ich mir also dieses Abenteuer in einem grossen Kinosaal mit THX-Zertifizierung an, gleich 4 Kopien des Films liefen in meiner Kinostadt, wie sich zeigte völlig übertrieben, der Saal war nicht einmal zu einem Viertel gefüllt. Imposant und knuffig dann der Start mit dem bekannten Paramountberg-Logo, das in einen Erdhügel irgendwelcher Erdmännchen ähnlicher Viecher überblendete. Die Eröffnungssequenz mit der Fahrzeugkolonne ist grandios gemacht, es kommen Erinnerungen an Duel, Sugarland Express, ja sogar ein bisschen American Graffiti auf. Auch die Sequenz im Lagerhaus ist wirklich spannend und sehr tongue-in-cheek umgesetzt. Ja und selbst wenn Indy in einem Kühlschrank durch die Luft fliegend eine Atomexplosion überlebt, ist das zwar total overthetop (Indiana Jones Filme sind das immer), aber immer noch komisch. Danach sackt der Film mehr und mehr ab. Wenn die Handlung ab etwa Hälfte des Films an Action zunimmt, verliert sich der Film mehr und mehr in Sprunghaftigkeit und die eindimensionalen Charaktere beginnen am Nervenkostüm zu zerren. Da haben wir Mac, gespielt von Ray Winstone, der wohl die überflüssigste Rolle im ganzen Film spielt. Dann Oxley, genannt Ox (John Hurt), der in peinlicher Art und Weise vor sich hinstammelt und durch die Gegend schlurft. Mutt, der junge Wilde, ist viel zu brav und zu wenig rebellisch, als dass eine knisternde Chemie zwischen ihm und Indiana Jones entstehen könnte. Irina, die Böse, ist einfach nicht böse genug und ich habe Cate Blanchett selten so unmotiviert (unterfordert?) gesehen wie hier. Marion (Karen Allen), ach wie schön ist es sie wieder zu sehen. Aber auch sie bleibt wie fast alle Protagonisten eindimensional und eher ein Anhängsel in der mit Köpfen überfrachteten Sache. Bleibt also Harrison Ford, und wenigstens der kann mit viel Witz und Schmackes überzeugen. In den letzten Jahren hat Ford nie mehr so gut gespielt wie hier. Er ist das grosse Plus in Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull.

Handwerklich ist der Film 1A umgesetzt, da gibt es kein Wenn und Aber. Doch wenn die Story hinkt und die platten Charaktere nach Lucas riechen, dann kann auch das Handwerk einen Film nicht mehr raushauen. Kaminskis Kameraarbeit, die ich in Filmen wie Schindler’s List und Munich sehr schätze, passt mir einfach nicht in Unterhaltungsfilme wie Lost World oder Indiana Jones, auch wenn er sich mit tollen Kamerfahrten viel Mühe gibt und es schafft seine Kamera für einmal ruhig zu halten. Man sieht, dass Kaminski sich an die Vorgaben zu halten versucht, den Arbeiten des Briten Douglas Slocombe, der die Teile 1 – 3 fotografierte, nahe zu kommen. Auch das vielerorts zitierte „Filmemachen der alten Schule“ macht Spass, leidet aber schlussendlich unter einer schwachen Geschichte.

Zu schwächeln beginnt der Film eigentlich ab der „Verbindungsszene“ von Indy mit dem Schädel in Irinas Zelt und dem folgend, enorm aufwändigen Dschungelchase, in welches man als Zuschauer einfach reingeworfen wird. Es findet kein Aufbau statt wie beispielsweise in Raiders vor der fantastischen Lastwagensequenz. Es fehlen Ruhepole, es fehlt an der Muse Geschichten erzählen und es fehlt an spannenden Charakteren. Indiana Jones hat sich angepasst an die heutigen Blockbuster, wo eben geklotzt und nicht gepinselt wird. Sicher, Raiders of the Lost Ark war seinerzeit auch ein ungewohnt temporeiches, fantastisches Abenteuer, aber er hatte seine Ruhephasen, wo man sich Zeit zum Erzählen genommen hat.

Ein grosses Manko ist die Vorhersehbarkeit der Geschichte. Früh wird die Spur gelegt, dass die gesuchten Schädel nicht irdischen Urspungs sind, das wird zum Schluss dann um’s Himmels Willen mit einer fliegenden Untertasse getoppt. Zu befürchten war es, aber es musste nun wirklich nicht sein, dass wir dieses Ding unter triumphaler Musik und donnernden Toneffekten zu sehen kriegen. Tja, und dass Mutt der Sohnemann von Marion und… jawohl, Indiana Jones ist, das war so klar wie Klossbrühe.

Selbst John Williams geht im Getummel von knatternden Amphibienfahrzeugen, russischen Kalaschnikows und polternden Felsbrocken fast unter. Seine auf der CD so famose Komposition mit Titel “The Adventures of Mutt” bleibt irgendwie merkwürdig verhalten. Ob das an der Beschallung im Kino liegt, bleibt offen, dazu muss ich den Film nochmals sehen (und hören) und speziell darauf achten. Wie immer bei Williams sind viele der Stücke, die im Film kürzer scheinen, auf CD zu einer längeren Suite zusammengefasst. Was ich aber bisher nicht verstanden habe: Was genau will man uns mit dem Statement des Crusade-Themas aus Teil 3 am Ende von Crystal Skull genau sagen? Mir ist das jedenfalls völlig entgangen.

Fazit: Ja, ich bin mehr enttäuscht als erfreut vom letzten Indiana Jones Abenteuer. Die zugegeben sehr hohen Erwartungen, die ich an Spielberg & Co. hatte, wurden leider nicht erfüllt. Mit dem überraschenden ersten Drittel kann der Rest nicht mithalten und mit einigen nur schwer zu ertragenden Gags wie Mutts blöder Tarzaneinlage oder den “witzigen” Erdviechern ruft man eher Kopfschütteln hervor. Unterhaltend ist Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull auf alle Fälle, da kann man sagen was man will. Aber das war auch Indiana Jones and the Temple of Doom so.
Irgendwie bleibt bei mir halt doch nur ein „schade, schade, schade“ übrig.

Philippe Blumenthal