
Varèse SarabandeVSD (53:02; 24 Tracks)
Ganz ohne die zu befürchtenden musikalischen Platitüden setzt Anne Dudley den schon so oft bearbeiteten Stoff von Tristan & Isolde um. Zwischen gleitend bis irrisierenden Schicksals-Streichern (A King’s Lament), keltisch-irischen Fragmenten (A Different Land, oft bei “Tänzen” wie auch in Back from the Dead, The Tournament) und eher bewegten Teilen (Ambush in the Forest; i.d.R. kriegerischen Handlungen zuzuordnen) angesiedelt, zeigt Anne Dudley, dass man nicht Richard Wagner zu sein braucht, um die glanzvolle Tragik des Liebespaares musikalisch glaubwürdig zu illustrieren.
Dudley lieferte dabei eine qualitätvolle Arbeit ab, die nur auf einer Ebene gewissen Stereotypen folgt; auch bei ihr hallt gern einmal eine einsame Klavier-Melodie im chorus-mode über zahlreichen legato gespielten Streichern und anderen Instrumenten herum (The Queen’s Funeral, Isolde’s Dream, Two Loves Be One, Love So Alike u.a.). Natürlich verfehlt das Piano seine Wirkung nicht, ist aber einfach weniger reizvoll als ggf. neue Ansätze. Bei sämtlichen traurigen Passagen beeindruckt die zurückhaltende, schlichte Art musikalischen Ausdrucks, die jedwede unnötige Melodramatik umgeht. Selbst die leise keltische Violine von My Face in Thine Eye übertreibt nicht, sondern zieht eher sachte und fast einschmeichelnd hinab in die Finsternis der absehbaren Einsamkeit des Todes.
Dudley lässt sich dankenswerterweise nicht dazu hinreißen, die kraftvolleren Filmszenen mit Action-Krach-Stampf-Brei zu unterlegen – welch ein Glück für alle Hörer dieser Musik. Ihre bewegungsbetonten Musiken sind eher symphonischer Natur, wenngleich sie hierbei durchaus experimentiert (mehrfach Strawinsky-artige Streicher-Staccatos, chromatische Abläufe, u.v.m.), und natürlich wird trotzdem auch getrommelt. Die Percussion wirkt aber nicht so sehr wie der heute übliche Rock/Pop-Brei, sondern wie einzelne Kampftrommeln realer Krieger, viel authentischer und zum mittelalterlichen Stoff damit besser passend. Schließlich kann nicht jeder historische Stoff (sensu lato) seinen eigenen Gladiator-Aufguß bekommen.
Die klagende Violine des Main Titles (Young Tristan) lässt bereits eine melancholische Schicksalslastigkeit erklingen; diese erfüllt sich alsbald in der von Anbeginn an nicht real zu lebenden Liebe. In regelmäßigen Abständen ertönen nun die immer traurigeren, sich je nach Situation streckenweise hochschraubenden Streicher (A King’s Service, Leaving Forever), die damit doch auch ein klitzekleines bißchen vom Wagner’schen Liebestod inspiriert zu sein scheinen – aber eben nur ganz wenig. Eine sehr dezent eingesetzte, sehr tiefe Querflöte in Track 11 (Dangerous Game) zeigt den Ideenreichtum von Anne Dudley, die auch hier einmal etwas ganz anderes probiert, wo sonst ein Dauer-Sirren gereicht hätte und die heutigen Hörgewohnheiten vermutlich schon zufriedengestellt hätte.
Insgesamt also eine gut gemachte Scheibe – nicht von epochaler Bedeutung, aber von so guter und vor allem abgehobener Qualität, dass man sie empfehlen kann. Besonders geeignet zum Hören bei der Einnahme von Liebestränken.
Bewertung: ★ ★ ★ ★
Annette Broschinski