
Dass er der Komponist eines der erinnerungswürdigsten Musikstücke der jüngeren Filmgeschichte werden sollte, geschah ohne seine Einwilligung. Stanley Kubrick hatte seine Stücke Athmosphères (1961), Lux Aeterna (1966) und Requiem, for Soprano and Mezzo Soprano solo, mixed Chorus and Orchestra (1963-65) ohne seine Zustimmung für sein Meisterwerk 2001 – A Space Odyssey verwendet.
Ein bekannter Name der E-Musik war der Stockhausen-Schüler Ligeti seit dem er 1961 beim Avantgarde-Festival in Donaueschingen mit seinem Konzept der Mikropolyphonie Publikum und Kritiker begeisterte. In Stücken wie Lux Aeterna kann man hören, wie das Konzept arbeitet: Die Bewegungen der verschiedenen Stimmen, deutlich mehr als in Bachs Polyphonie, weben zusamen einen Klangteppich. So entsteht eine Musik, bei der die Klangfarben im hohen Maße verschmelzen und sich dadurch ein charakteristisches Timbre entwickelt.
Der Eindruck, den Stanley Kubricks Musikeinsatz auf die Filmwelt hatte, war enorm. Für Ligeti bedeutete das, dass er über Nacht zum internationalen Star der ernsten Musik wurde. Für die Filmmusik bedeutete das, dass nach 2001 (1968) alles anders wurde. Kubrick hatte gezeigt, was Musik im Film alles erreichen kann. Angehende Regisseure wie Stephen Spielberg und Martin Scorsese, die die Arbeit Kubricks nachhaltig beeinflusst hat, sahen nun neue Möglichkeiten im Musikeinsatz. Zusammen mit Jerry Goldsmith revolutionären Score zu Planet of the Apes kann man 2001 tatsächlich als Anfangspunkt eines neuen Zeitalters der Filmmusik sehen.
Der am 28. Mai 1923 im siebenbürgischen Dicsőszentmárton geborene Sohn jüdisch-ungarischer Eltern hat trotz seiner anfänglichen Ablehnung seinen Frieden mit der Verwendung seiner Musik gefunden. In Stanley Kubrick: A Life in Pictures zollt der Komponist dem Regisseur seinen Respekt für die hervorragende Arbeit. Für den Film direkt hat Ligeti dennoch nie komponiert. Sein musikalischer Schatten taucht aber immer wieder auf, die Ligeti-Chöre sind ein gern verwendetes Stilmittel geworden. Filmkomponisten von A bis Zimmer, dieser zum Beispiel in The Lion King, wissen den überirdischen Klang der menschlichen Stimme, wie ihn Ligetis Mikropolyphonie kreiert, zu schätzen.
György Ligeti ist am 12. Juni 2006 im Alter von 83 Jahren in Wien, wo der Kosmopolit seine letzten Lebensjahre verbrachte, verstorben.